Fr. Mai 10th, 2024

Russische Zeitungen in Lettland, Foto: А. Кузьмин – CC BY-SA 2.5, Saite

Nach dem Auszug der Nationalen Allianz aus der Regierung setzt auch das neue Kabinett von Ministerpräsidentin Evika Silina weiter auf Kontrolle und Ausweisung eines Teils der russischsprachigen Bevölkerung: Einwohner mit russischem Pass erhalten in diesen Tagen die Aufforderung, das Land bis zum 30. November 2023 zu verlassen. Zudem ist geplant, russische Fahrzeuge nicht länger als drei Monate auf lettischem Territorium zu dulden – das alles soll der nationalen “Sicherheit” dienen.

Die lettische Behörde für Bürgerschafts- und Migrationsangelegenheiten (PMLP) schickt in diesen Tagen 3541 Aufforderungen an in Lettland gemeldete Einwohner mit russischem Pass, bis zum 30. November 2023 lettisches Territorium zu verlassen (lsm.lv). Die Betroffenen hatten sich nicht zum Sprachtest gemeldet, der Voraussetzung ist, um eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Das lettische Parlament hatte den Test im letzten Herbst auf Initiative der damals noch mitregierenden Nationalen Allianz beschlossen.

13147 lettische Einwohner mit russischem Pass meldeten sich zum Test, doch nur 11301 erschienen. Von diesen bestanden nur 39 Prozent die vierteilige Prüfung. Die meisten scheiterten am schriftlichen Teil. Das Sprachniveau entspricht dem A2-Niveau, dem Übergang zwischen einem Anfänger zu einem fortgeschrittenen Sprachlerner. Mehr als 6500 meldeten sich zur Wiederholungsprüfung, die sie innerhalb von zwei Jahren bestehen müssen. Meistens handelt es sich um Rentner, die schon seit Jahrzehnten in Lettland in einem russischsprachigen Milieu leben (LW: hier). Meistens gehörten sie zu den sogenannten “Nichtbürgern”, die sich zwar lebenslänglich in Lettland aufhalten können, aber kein Wahlrecht haben und auch bestimmte Berufe nicht ausüben dürfen. Von ihnen erwarben manche die russische Staatsbürgerschaft, um eine bessere Rente zu beziehen. Im Unterschied zu russischen Staatsbürgern sind die noch etwa 200.000 Nichtbürger nicht vom Sprachtest betroffen.

Neben den über 13.000 Russen, die sich für den Sprachtest registrieren ließen, leben in Lettland noch mehrere Tausende, die auf die neuen Anforderungen des Gesetzgebers nicht reagierten. Ihnen droht nun die Abschiebung. Dem lettischen Verfassungsgericht liegen mehrere Klagen gegen diese Gesetzespraxis vor. Das lettische Parlament lehnte am 14. September 2023 einen Antrag der Bürgerplattform manabalss.lv ab, die vorsah, die Altersbeschränkung für den Sprachtest von 75 auf 65 Jahren herabzusetzen (lsm.lv). Der nationalkonservative Abgeordnete Edvins Snore lehnte die Initiative ab, weil die Betroffenen sowohl innerhalb von 75 als auch von 65 Jahren ihres Lebens genügend Zeit gehabt hätten, Lettisch zu lernen. Im Internet machen inzwischen Videos von Betagten die Runde, die in Rollstühlen und Liegen zum Sprachtest gerollt und geschleppt werden. (LW: hier)

Die Justizministerin Inese Lībiņa-Egnere plant, in Russland oder Belarus gemeldete Fahrzeuge, die sich auf lettischem Territorium befinden, beschlagnahmen zu lassen, weil ihr Verbleib in Lettland gegen Sanktionsbestimmungen verstoße. Sie forderte die Besitzer auf, die Autos in Lettland anzumelden, sonst werden sie an die Ukraine geliefert. Dimitrijs Trofimovs, Staatssekretär des Innenministeriums deutete an, dass Polen und Balten ihre Grenzen zu Russland und Belarus zukünftig vollständig schließen könnten (lsm.lv).

Ein Gedanke zu „Lettische Migrationsbehörde weist Einwohner mit russischem Pass aus“
  1. Ich weiß wenig von den lettischen Verhältnissen und Befindlichkeiten. Doch die Zahl der Betroffenen der vorgesehenen Maßnahmen scheint mir so gering, dass es doch andere Möglichkeiten geben sollte, um eine (vermeintliche) Bedrohung durch diese Menschen auszuschließen. Zumal diejenigen, die schon Jahrzehnte friedlich in Lettland leben, mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Anlass für diese Art der Repression bieten. Worauf wollen die Letten stolz sein, wenn sie harmlose russische Rentner ausweisen?
    Das sagt jemand, der im Falle der Einwanderung durchaus für den Nachweis von Sprachkenntnissen votiert. Das Alles-Egal-Land Deutschland geht ins andere Extrem und etabliert munter Parallelgesellschaften.

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