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Gedanken und Bilder zu meiner Kaliningradreise Sommer 2019.

1999 bin ich zum ersten Mal nach Russland gefahren, im Vorfeld hatte ich wegen Visafragen ein Telefongespräch mit der russischen Botschaft in Deutschland.

Ich fragte wegen einem Visa nach Leningrad, da raunzte mich die Angestellte der Botschaft an, das hiesse nicht Leningrad sondern St. Petersburg. Ich meinte daraufhin süffisant, sollte ich dann auch besser von Königsberg reden und nicht von Kaliningrad, – betretenes Schweigen am Ende der Leitung. Nach diversen Reisen nach Russland, Moskau, Dagestan, Astrachan, „Krim“ (welche 2011 den Status einer autonomen Republik hatte), entdeckte ich 2019 die Möglichkeit im Internet kostenlos ein Visa für bestimmte Regionen in Russland beantragen zu können. Unter diesen Gebieten befand sich neben dem Oblast St. Petersburg, Wladiwostock, auch das Kaliningrader Gebiet.

Eine Geste, welche trotz fortgeschrittener Sanktionen des Westens gegenüber Russland, auch was Visafragen betraf, von Seiten Russlands als Versuch verstanden werden konnte, das europäische Russland weiterhin in Europa mit einzubinden. Mit dem elektronischen Visa ging es relativ unkompliziert, auch die Einreise über die kurische Nehrung von Litauen aus nach Russland dauerte weniger als 2 Stunden Wartezeit. Vorbei an der früheren Vogelwarte Rositten besuchten wir die erste kleinere Stadt Selenogradsk, das frühere ostpreussische Seeband Cranz.

Dort war einiges renoviert, Vieles neu gebaut und Weniges im zerfallenen Zustand.

Die Stimmung gegenüber Deutschen war durchaus aufgeschlossen und freundlich.

Weiter der Küste entlang fand man noch alte Pflasterstrassen aus der preussischen Zeit, ebenso einige verfallene Gutshäuser des preussischen Adels und einfache Fachwerkbauten.

In Swetlogorsk, Rauschen ebenfalls einem alten preussischen Seebad überraschte mich das historische Interesse der Stadtverwaltung, welche alte Ansichten vom Seebad Rauschen plakativ als grosse Infobilder im Zentrum platziert hat.

Rauschen jetzt von den Russen fein herausgeputzt ist das bedeutendste Seebad im Kaliningrader Bezirk.

Grosse Militärparade in Pillau

Wir fuhren weiter nach Baltisk, der früheren Seefestung Pillau.

Zufälligerweise ereignete sich dort das nur alle paar Jahre stattfindende grosse Manöver der russischen Streitkräfte. Ein imposantes Spektakel zu Wasser und in der Luft, es gab Stände mit russischen Flaggen und anderen patriotischen Devotionalien, welche aber von der einheimischen Bevölkerung kaum genutzt wurden.

Nur als 5 MIG Kunstflüge in der Luft zelebrierten, in enger Formation, erschallten einige Hurrah Rufe.

Auch waren einige sehr moderne schnelle Kriegsschiffe zu sehen, welche bisher im Ukrainekrieg nicht zu sehen sind.

Auffallend waren die vielen Kleinbusse welche Delegationen aus dem Ausland zum Manöver gebracht hatten. Darunter befanden sich viele der heutigen BRICS Mitgliedsstaaten, Indien, Nordkorea, Brasilien, Iran, China u.a..

Neben dieser teils durchaus beeindruckenden Parade konnte man aber auch zahlreiche Militärstützpunkte im Kaliningrader Gebiet beobachten, welche sehr abgewrackt aussahen mit ihrem kümmerlichen Material, vielleicht war es nur Tarnung.

Kaliningrad selber sieht bis auf die alten Speicherhäuser am Wasser eher langweilig aus, viel ist von der Altstadt nicht übriggeblieben.

Die alte Universität, wo einst mein Grossvater studiert hatte, ist jetzt von der russischen Marine besetzt.

Meinung der Bevölkerung

Der Zufall ergab sich beim Campen am Strand, das ich mit einer Englischlehrerin aus Kaliningrad ins Gespräch kam, welche natürlich wie alle dort ansässigen Russen nach 1945 teils aus fernen Gebieten nach Kaliningrad übergesiedelt sind oder wurden.

Sie kam auch aus weiter Entfernung, da in Kaliningrad bessere Arbeitsmöglichkeiten und bessere Löhne zu erwarten waren, ebenso hatte sie das Gefühl, das dort eine gewisse moderne europäische Struktur zu verspüren sei, wie früher halt auch im europäischen Russland, speziell im Baltikum auch in der Sowjetzeit noch.

Wir sprachen etwas über Geschichte Ostpreussens, und ich fragte, wenn man denn ein Referendum im Oblast Kaliningrad abhalten würde, wo man entscheiden könne ob das Kaliningrader Gebiet wieder ein Teil Deutschlands werden soll, so meinte sie mit Sicherheit würde die Mehrzahl für einen Anschluss an Deutschland stimmen.

Ungestellte historische Fragen

Überhaupt fragt man sich bei der vorherrschenden Diskussion Russlands und Israels, ja auch Chinas und anderer Staaten, was ihre historischen territorialen Ansprüche betrifft, warum bisher das Thema Königsberg, einer Region welche seit 700 Jahren bis 1945 ein wichtiger Bestandteil Deutschlands bildete, nicht angesprochen wurde. In einer Zeit wo sich alle möglichen Staaten oft kriegerisch eines historischen Revanchismus bedienen, ist es anscheinend dienlich für das jeweilige Staatswesen den Nationalismus und Patriotismus zu schüren, entgegen rationeller viel bedeutenderer Probleme auf der Erdkugel, alle Menschen betreffend.

Auf dieser kriegerischen „Modewelle“ schwimmend hätte man ja zumindest, zynisch humoristisch, von standfesten und mit Geschichtskenntnissen bewanderten Politikern erwarten können, dieses Thema z.b. im Zusammenhang mit der Annexion der Krim zur Sprache zu bringen. Etwa in der Art, liebe russische Freunde, wir können ja euer Vorgehen aus historischen Gründen gut verstehen, aber dann müssten dieselben historischen Gründe auch für unsere Gebiete gelten, also wenn ihr das Königsberger Gebiet uns wieder zurückgebt, dann werden wir auch keinen Einwand gegen die Annexion der Krim haben.

Von russischer Seite wird die Königsberger Frage allerdings etwas anders betrachtet.

Das Hauptargument bleibt für Russland, Deutschland hat den Krieg 1945 bedingungslos verloren. Deshalb wurde auf der Konferenz von Jalta 1945 u.a. dieses Gebiet Russland als „Siegesbeute“ zugesprochen.

Zum anderen leben ca. seit 1950 keine Deutschen mehr im Königsberger Gebiet.

Ob unsere hervorragend ausgebildete und diplomatisch taktvolle Aussenministerin gar etwas im Hinterkopf hatte, als sie sagte: „Wir müssen Russland ruinieren“ da Russland ja das „Urverbrechen“ eines Angriffskrieg begangen habe, vielleicht um das Königsberger Gebiet nach einem Sieg über Russland zurückzuerhalten …

Ein Gedanke zu „Kaliningrad – Königsberg ein historisches Fragezeichen“
  1. Jaaa, die Osteuropäerinnen können sehr charmant sein. Aber blöd sind die meisten nicht.
    Vor ein paar Jahrzehnten war es vielleicht für Russen sehr attraktiv, nach Germanija zu kommen. Aber heute macht sich niemand mehr Illusionen.
    Was würde denn Deutschland machen, wenn es Königsberg zurückbekäme? Wahrscheinlich ukrainische Flüchtlinginnen und maghrebinische Kernphysiker dort ansiedeln. Auf das zusammengehört, was zusammenkommt.

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