Fr. Okt 18th, 2024

Irkutsk und Baikalsee

Ein kleines Hotel in Irkutsk in der Altstadt hat mir mein Bekannter aus Kirow vermittelt, sauber, mit eigenem Balkon, Toilette und Bad, und Gemeinschaftsküche, die Nacht 30 EUR. Gleich unter dem Hotel eine koreanisches Restaurant etwas gehobener Qualität wo man aber für 5 EUR viele Töpfchen mit Reis, Salat, Gemüse und dünnen gerösteten Scheinescheibchen bekommen kann. 30m neben dem hübsch gestalteten Park.

sehr aktuell!!:

Die Altstadt hat noch viele alte Gebäude:

Nochmal den Bahnhof bei Licht betrachtet und wegen der Verspätung von mehr als 5 Stunden meinte ein russischer Bekannter ich solle Kompensation beantragen, man könne den ganzen Fahrpreis zurückerhalten.

Nun, ich kann den Spass ja mal versuchen, also zum Schalterzentrum, wo eine Dame nur beschäftigt war, nicht wahrgenommene Wartenummern weiterzureichen, aber als ich mit meinem Problem kam hatte sie mal etwas Abwechslung. Gleich erstmal ein paar Papiere ausfüllen:

Schliesslich stellte sich heraus das ich die Kompensation nur auf ein russisches Konto auf meinen Namen bekommen könnte, und diese beträgt pro Stunde Verspätung 3 % vom Fahrpreis, also wären das etwa 15 EUR gewesen, gut, dann lassen wir das …

Als nächstes den Zentralmarkt angesteuert um ein Bild vom Handel und Wandel der Stadt zu bekommen.

Die Taubenplage auch hier unübersehbar:

Wieder mal begab ich mich auf die Suche nach frischem Schafs- oder Ziegenkäse, welche bisher in Russland erfolglos blieb, – doch siehe da, eine Armenierin hatte ein Stück Schafskäse eingeschweisst aus Armenien, davon habe ich mir gleich etwas gekauft, Kilopreis lag aber auch bei über 10 EUR.

Die Beeren spielen hier eine grosse Rolle:

Die Strassenbahn in Irkutsk ist ein wenig veraltet und rumpelig, kostet dafür auch nur eine Strecke 30 Rubel. Interessant ist dass man dort nicht wie üblich beim Einsteigen eine Fahrkarte kauft, sondern erst beim Aussteigen bezahlt.

Mitunter noch mit Holzsitzen:

Nach dem Mittagessen in einem ziemlich leeren aserbaidschanischen Restaurant, welches aber auch Schaschlickkebab vom Lamm hatte:

machte ich mich auf die Suche eines Deutschen Institutes, welches früher mal eine zweisprachige Zeitung in Irkutsk herausgegeben hatte, welches ich schliesslich auch fand:

Mit der Leiterin des Humboldt-Instituts in Irkutsk ein längeres Gespräch geführt. Sie leitet seit 16 Jahren dieses Institut und hat es auch aufgebaut.
Seit 2022 bekommt sie so gut wie keinen Besuch mehr aus Deutschland und hat somit auch wenig Gelegenheit die deutsche Sprache zu praktizieren. Das Institut unterrichtet im Wesentlichen deutsche Sprache für Menschen von 5 bis 70 Jahren, welche aus unterschiedlichen Interessen heraus Deutsch erlernen wollen. Wissenschaftler, Studenten, und auch Rentner welche deutsche Sprache in der Schule gelernt haben aber so gut wie alles vergessen, und da manche ihrer Enkel mittlerweile in Deutschland leben und arbeiten und Russisch überhaupt nicht mehr können, möchten sie ihr Deutsch etwas auffrischen, damit sie sich mit ihnen unterhalten können. In Irkutsk gab es bis ca 2011 auch eine Deutsch- russischsprachige Zeitung, welche meist von Studenten erstellt wurde, leider gibt es sie jetzt nicht mehr. Viele Deutsche wurden seit Beginn des Zweiten Weltkrieges nach Irkutsk und ins weitere Sibirien deportiert. Es gab auch ein deutsches Dorf am Rande von Irkutsk. Die Menschen welche in Sibirien wohnen, auch die Deutschen, sind aufgrund der Zwangsumsiedlung interessanterweise wenig zu gemeinsamen Aktionen, Plänen, Handlungen bereit, das heisst das Vereinswesen der deutschen untereinander existiert so gut wie nicht im Raum Irkutsk.
Dennoch ist es so das man untereinander sich hilft aber nur dann wenn die Not am grössten ist bei kleineren Problemen sollte jeder selber die Dinge lösen.
Sie hat dasselbe Problem wie die Sprachschule in Petersburg, das heisst in Deutschland werden sie nicht so gerne gesehen und anerkannt da sie als die bösen Russen gelten, und in Russland geht es ihnen nicht anders, da sie dort als Spione oder Agenten von Deutschland betrachtet werden.
Sie steckt in einem gewissen Dilemma, denn einerseits soll sie die deutsche moderne Kultur übermitteln, und andererseits weiss sie das genau z.b. diese LGBT Sache in Russland nicht gerne angenommen wird.
Dennoch geht der Betrieb weiter es ist eine gemeinnützige Organisation welche im Wesentlichen vom Goethe-Institut unterstützt wird, welches sich bisher noch nicht aus Russland gänzlich zurückgezogen hat.
Interessant war noch was sie über die Corona-Zeit berichten konnte, es war nur ein, zwei Monate wo man versucht hat größere Restriktionen in Irkutsk durchzusetzen, aber schon im Mai 2020 wurde wieder ganz normal unterrichtet und es gab so gut wie keine weiteren Beschränkungen. Es reichte auch das ein oder zwei der Lehrer geimpft wurden und man das den Behörden vorgelegt hatte, danach gab es keine weiteren Nachfragen oder Prüfungen. Relativ ähnlich sahen wir diese Corona-Veranstaltung als teils gemacht und teils durch Panik hervorgerufen welche letztlich der wirklichen Begründung entbehrte.

Weiter ging es durch die Stadt, ich kam an der neu renovierten jüdischen Synagoge vorbei:

Ein Frühstück mal in einem kleinen bücheraffinen Cafe zu mir genommen mit einem typischen Beerenkeks:

Dann stand der Ausflug zum ca. 50 km entfernten Baikalsee auf dem Programm, mit einem öffentlichen Bus kann man relativ leicht dorthin gelangen. Übrigens eine Yandex App hat mir immer in den Städten sehr geholfen, da sie auch englisch funktioniert. Nach ca. einer Stunde komm ich am Baikalsee an, im Sommer wirds da touristisch ziemlich überlaufen sein, aber jetzt bei Aussentemperaturen von 5 – 7 Grad hatte ich Mühe überhaupt noch ein Boot für eine Exkursion zu finden:

Nun fahren wir eine Weile an der Küste entlang:

Einen Baikalfisch, Omul, gegessen, schmeckt wie Bachforelle, der war allerdings mit knapp 18 Eur ziemlich teuer, sollte aber frisch und nicht eingefroren sein, wie man mir bei Nachfrage versicherte.

Mitunter haben auch einfache Kneipen ein schöne Dekoration:

Die alten Kino /Theater existieren noch:

Die Feuerwehr hat auch heute noch eine grosse symbolisch und faktische Bedeutung:

Und der amerikanische Wahn ist immer noch präsent:

Die Werbetafeln für das Militär am Park neben dem Hauptplatz der Stadt dienen nicht wirklich der Verschönerung:

Dann das örtliche Museum besucht, es liegt ganz der Nähe des malerischen Flusses Angara

Hier wird über die Entwicklung, die Fluktation der Völker und über die Verbannten in Sibirien berichtet

Auch die Chinesen, Mongolen waren zahlreich vertreten

Die Geschichte der Transsibirischen Eisenbahn ist umfangreich, hier nur ein paar Anmerkungen.

Sergei Juljewitsch Witte (1849-1915) war einer der führenden und treibenden Kräfte bei der Entwicklung nicht nur der Transsibirischen Eisenbahn, er kam aus einem deutschbaltischen Haushalt, sein Vater hiess Julius Christoph Heinrich Georg Witte. Wieder ein Beispiel für die Bedeutung der deutschstämmigen Techniker, Ingenieure, Geographen, Entdecker, welche einen wesentlichen Anteil zum Aufbau russischer Infrastruktur beitrugen.

Die Streckenführung hat sich heute ein wenig geändert, früher wurden mit einer Eisenbahnfähre die hohen Berge umgangen.

Auch der Buddhismus spielte in der Region eine bedeutende Rolle, er kam im 17 Jahrhundert über Nepal, Mongolei nach Russland und hat sich besonders in Burjatien und Kalmückien bis heute gehalten. Der Busshismus ist bis heute in Russland einer von 4 anerkannten Staatsreligionen.

Der Hinweis auf den grossen vaterländischen Krieg darf natürlich auch nicht fehlen:

Auch der 68er Zeit wird gedacht, obwohl diese Bewegung in Russland gegen den allmächtigen Staat sich nie wirklich entwickeln konnte.

Usbekische Gastarbeiter, welche sich untereinander nicht auf Russisch unterhalten:

Man hat in Irkutsk auch eine Flaniermeile entwickelt:

In der Stadt steht Alt neben Neu

Wollte in eine Grillbar im 1 Stock gehen, da war die Treppe blockiert durch einen sturztrunkenen Mann der die Treppe heruntergestürzt war, daneben standen zwei Sicherheitsleute völlig unbeeindruckt und sagten mir kein Problem ich solle einfach drüberklettern, nach einer Stunde wo ich wieder runterging, lag er noch immer da…

Hier eine kleine Fahrt in die Vorstadt Irkutsk mit der Strassenbahn:

Nun ging der Weg am nächsten Mittag zum Flugplatz, auch wieder Alt neben Neu, nach Moskau und dann mit nur einer guten Stunde Aufenthalt weiter nach Kaliningrad:

Und auch hier wieder deutsche Technik im Einsatz, “Cobus”:

Der letzte Teil 8 folgt, Sovjetsk/Tilsit, die ehemalige Grenzstadt des Deutschen Reiches zu Russland

Ein Gedanke zu „Bis ans Ende des eurasischen Kontinents, eine Reise quer durch Russland Teil 7“

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