Mo. Nov 25th, 2024

Es könnte einen traurig stimmen, und viele würden sagen, wie kann man so ein schönes Schloss nur so zerfallen lassen. Ich sehe das eher so wie am Ende des Filmes „Alexis Sorbas“ als der Engländer ganz verzweifelt am Strand steht und sieht wie seine Seilbahn, mit der er Bäume aus dem Bergwald zum Ufer transportieren wollte mit dem ersten Stamm vollständig zusammenstürzt; der Grieche Alxis Sorbas fängt an zu tanzen und zu lachen und sagt zum Engländer: Warum bist du traurig, hast du jemals etwas so schön zusammenbrechen sehn?

Die Geschichte des Schlosses Schleck ist ausführlich dokumentiert in dem Buch von Baron Ulrich v. Behr und Alexander Senning: „Edwahlen und die Behrsche
Ecke in Kurland“ Verden/Aller 1979.

Begonnen hat die Geschichte diese Besitztums mit Ulrich v. Behr (dem Ersten, denn der Name Ulrich bleib ein beliebtes Anhängsel zu Behr,1532-1585). Johann von Behr (1543 – 1613) übernimmt den Besitz Schleck und Edwahlen (heute Edole). Er erlebt zusammen mit dem ebenfalls damals noch jungen Herzog Magnus von Pilten den Zusammenbruch des Ordenstaates. Herzog Magnus hat nach erfolglosen abenteuerlichen Kriegszügen für den russischen Zaren und dem Verlust seiner öselschen Bezitzung sich fast mittellos nach Pilten zurückziehen müssen, und Johann war sein ständiger Geldgeber, was er nur durch weitere Landschenkungen an ihn kompensieren konnte, so kam schliesslich eine Fläche von über 100000 Hektar für die Behrsche Adelssippe in Kurland zusammen. Nach dem Tode Magnus wurde Johann der Staathalter von Pilten und war an der Abtretung Piltens an Polen im Kronenborger Vertrag 1585 massgeblich beteiligt.

Ulrich von Behr (1669-1749) war der Planer und Erbauer des prächtigen Schlosses, um 1720 wurde der Bau der neuen Anlage in Angriff genommen, das Alte Wohnaus der Adelsfamilie wurde in den Gesamtkomplex integriert.

Das ganze Anwesen übertraf in seiner Gesamtheit alle Schlösser und Güter in Kurland , Liv- und Estland.

Hier ein Bild der damaligen Anlage:

Heute ist immer noch der Grossteil der Anlage zu erkennen:

Das Schloss von der westlichen Seite

Das Schloss von der östlichen Seite

Auch wenn das Schloss in den den Revolutionsjahren 1905/6 ungeschoren davonkam, vielleicht weil schon Schlippenbach in seinem Buch „Malerische Wanderungen durch Kurland.“ Riga u. Leipzig, Hartmann, 1809 folgendes schrieb: „Ich meine den edlen Erbbesitzer dieser Güter (Schleck) und seine Gemahlin, wie jeder Kurländer (wer kennt sie nicht?) schon errathen wird. Aber auch dem Fremden möge, statt alles so sehr verdienten Lobes, mit dem ich die Bescheidenheit, die sich ebenfalls in den Kranz der Tugenden dieser Redlichen windet, zu verletzen fürchten müßte, die Versicherung gnügen, die jeder meiner Landsleute bestätigen wird, daß, ohne Ausnahme, dieß edle Paar von allen, die es kennen, geliebt wird, und gewiß nicht einen Feind zählt. Der Leser wird mit mir übereinstimmen, daß die Bewirkung eines solchen Wunders nur der wahren und bescheidenen Tugend möglich werden kann.“, neigten sich die Zeiten der höfischen Adelspracht dem Ende zu.

Im ersten Weltkrieg kooperieren natürlich der Adel mit der kaiserlichen Armee, wir sehen sie an der hinteren Treppe stehen, welche heute auch noch im Zerfall sichtbar erhalten ist.

Nach dem ersten Weltkrieg waren die Zeiten für den Adel in der neuen lettischen Republik erledigt. 1921 wurden alle Güter bis auf einen Rumpfbesitz mit Gutshaus von 50, bzw. 100 Hektar(bei Teilnahme am Unabhängigleitskrieg der Letten gegen die Bolschewisten) enteignet.

In dem obig angegebenen Buch der Familie Behr wird noch eine Anekdote über eine jüdische Familie erzählt, der Hofjudenfamilie Tewloff, welche von den Russen zu Beginn des Krieges 1915 nach Sibirien deportiert wurden, die beiden älteren Söhne kehrten wieder nach Kurland zur Familie Behr 1917 zurück und boten nach der Güterenteignung, und der dadurch bedingten Aufgabe und Abreise der Familie Behr nach Deutschland, an, das Schloss anzuzünden damit es nicht in fremde Hände gelange.

Im zweiten Weltkrieg diente das Schloss Schleck zum letzten Male den Deutschen als Lazarett der Deutschen Wehrmacht im Kurlandkessel, Reste eines Bettgestells kann man noch in den Ruinen des Innenteils vorfinden.

Nach der Kapitulation am 9. Mai 1945 wurde das Lazarett aufgelöst und am 10. Mai brannte aus unerklärlichen Gründen das Schloss ab.In der Sowjetzeit wurde das Anwesen drumherum als LPG genutzt, dennoch ist die Gesamtanlage auch mit altem Pfarrhaus, Speichergebäuden, Bedienstetengebäuden noch ziemlich vollständig im Original erhalten, eine lohnenswertes Objekt für eine Reise in die Vergangenheit.

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