Reise nach Russland vom 6.3.2024 – 20.3.2024
Der Grund meiner Reise war, sich einmal Petersburg ausführlich anzuschauen, wohin ich schon einmal einen Ausflug für nur einen Tag 1999 gemacht habe. Wer weiss, vielleicht werden demnächst alle Grenzen von Euopa nach Russland geschlossen, also nutze ich nochmal die Gunst der Stunde.
Visa
Wie schon in einem älteren Artikel erwähnt, wurde ab Oktober 2023 seitens Russland wieder ein elektronisches Visa eingeführt . Dieses kann ohne Botschaft oder Konsulat im Internet beantragt werden relativ einfach bis auf die Anforderungen des Fotos , das kann mitunter an die 100 Versuche kosten bis ein Foto akzeptiert wird, dann geht es relativ zügig, wenn man den Fragebogen ausgefüllt hat . Grund der Reise, Angabe einer zu besuchenden Organisation, Unterkunft. Zwei und drei sind eher symbolisch zu verstehen man kann die angegebenen Organisationen besuchen oder auch nicht, man kann in der angegebenen Unterkunft übernachten oder später eine andere wählen. Da fragt später keiner nach.
Dann Überweisung per Kreditkarte über die Arabischen Emirate, es wird in Dirham abgerechnet, macht knapp 50 € und innerhalb von vier Arbeitstagen bekommt man elektronisch das Visa für 16 Tage ausgestellt und kann es sich ausdrucken.
Anreise
Los geht die Reise, – bisher verkehren noch täglich Reisebusse von Riga nach St Petersburg. Neben Ecolines und Luxexpress, wo man allerdings in Narva umsteigen muss, da der Fahrzeugverkehr dort gesperrt ist und nur noch Fußgänger passieren können, gibt es noch eine Direktverbindung mit einem kleinen aber durchaus zuverlässigen Unternehmen Vissa über Pskow (Pleskau). Der Bus ging abends von Riga 19:30 Uhr und war am nächsten Morgen in Petersburg um 7 Schuld und SühneUhr . Eine Fahrt kostete ca. 57 EUR.
Die Abwicklung an der Grenze, die übliche russische Bürokratie, Zettel ausfüllen, Pass zeigen, noch einen Zettel ausfüllen, – nur in russisch.
Frage 15: „Welches Einstellung haben sie zu der Führung der europäischen Gemeinschaft, die das nationalistische Regime in der Ukraine unterstützt?“
Der Eintritt in ein Land was von Europa mittlerweile geächtet wird, mit Hunden wird der Bus durchsucht und teilweise auseinandergeschraubt. Nach ca. ein bis anderthalb Stunden erledigt bei mir . Habe aber auch von Letten gehört, das alle Passagiere einzeln vom FSB befragt wurden und es bis zu 4 Stunden dauern konnte.
In Petersburg angekommen 8 Uhr morgens kalt wie 1999 ungefähr als ich zum ersten Mal, allerdings faktisch nur für einen Tag dort war, nach einer chaotischen Zugfahrt von Tallinn nach Petersburg, keine Wechselstube, die Banken machen erst um 10 Uhr auf, bei der Metro nach der Adresse von dem Hotel gefragt und nach einer Wechselstube. Sehr freundliche Sicherheitsleute, sie haben mir erklärt welche Station ich nehmen muss wo ich umsteigen soll und wie viel Stationen das sind, und dann haben sie mich einfach ohne Ticket durchgelassen.
Erste Eindrücke von Petersburg
Petersburg die kalte Macht und Anarchie des Reichtums. Architektonisch natürlich ein Wunderwerk, keine Hochhäuser durchkreuzen die Architektur der grossflächigen Altstadt, es gibt keine Stadt auf der Erde die so original erhalten ist.
Kurze Entstehungsgeschichte der Stadt
Umgeben von Kanälen des Newa Deltas stehen unzählige steinerne Kolosse und Monumentalbauten zum Beweis was mit mächtiger rücksichtsloser Gewalt zu erreichen ist. So spiegelt Petersburg und seine Entstehungsgeschichte den Charakter der manchmal größenwahnsinnigen russischen Machthaber wieder.
Steine und nochmal Steine, anders war eine Stadtgründung im Sumpf des Newa Deltas nicht denkbar. Peter der Grosse lag im dauernden Konflikt mit Schweden, welches auch an der Mündung der Newa und am Ausfluss des Ladoga See Festungen unterhielt.1703 begann im Prinzip mit dem Aufbau einer neuen Festung auf der Haseninsel, neben der zerstörten schwedischen Festung Nyen, welche dann Peter Paul Festung hiess, die weitere Entwicklung zur Stadt. Bei archäologischen Ausgrabungen an der Stelle der alten schwedischen Festung fand man 5 verschiedenen Kulturen welche bis zu 5000 Jahre zurückreichen.
Schon das Wappen der Stadt mit einem See und Binnenanker deutet auf die wesentliche Funktion dieser Stadt als bedeutender Transport und Handelsplatz hin. Es wird der erste grosse Seehafen Russlands an der Ostsee, da Riga und Livland erst 1710 ins Russische Reich als eine der Ostseeprovinzen integriert wird.
Der Aufbau ging nur mit Gewalt von Erlassen, Ausnutzung von Leibeigenen und Auflagen von Steintransporten für anliegende Schiffe. Selbst Teile des russischen Adels wurden unter Peter I. in der neu gegründeten Stadt zwangsangesiedelt. Eine grosse Rolle beim Bau, der Organisation und der Verwaltung spielten vor allem deutsche und deutschbaltische Ingenieure, Verwaltungsfachkräfte und Handwerker, was sich auch in der frühen Gründung der St. Petersburger Zeitung in deutscher Sprache 1727 ablesen lässt, welche ungebrochen bis 1915!! existierte. Ab 1712 wird Petersburg zur Hauptstadt Russlands erklärt und ist bis heute neben Moskau die bedeutenste Stadt.
Immer wieder wird Petersburg von der Flut der Ostee oder des Newadeltas heimgesucht.
Zar Alexander I hat die grosse Flut in Petersburg 1824 mehr oder minder tatenlos miterleben müssen, was ihn zu seinem melancholische Rückzug und Tod in Taganrog führte. Er war des Herrschens müde und sah die Vergeblichkeit all seiner Mühen. Nach russischen Gerüchten soll er seinen Tod vorgetäuscht haben um dann unerkannt als Bettler durch Sibierien gezogen sein. Auch Puschkin kannte diese Flut, daher das Stück der eherne Reiter, wo ein einfacher Mensch sein Hab und Gut verliert und verzweifelt am Standbild Peters des Grossen steht, welches ihn verfolgt bis in den tödlichen Wahnsinn.
Hier klingt das alles schon nicht mehr patriotisch sondern skeptisch.
Aktuelle Bilder aus Petersburg
Teure Fahrzeuge durchkreuzen in Horden die Stadt, noch einige westliche Luxuslimousinen, doch die Chinesen bestimmen mehr und mehr in Russland den Automarkt. Reichtum wird präsentiert.
Der Begriff der Oligarchen ist im Wesentlichen auf Osteuropa bezogen, auf jene Personen, welche sich bei der Auflösung der Sowjetunion gnadenlos und rücksichtslos, oft unter Umgehung oder Missachtung der Gesetze (wenn vorhanden) oder durch betrügerische Bauernschläue zu Reichtum gekommen sind. Die erste Riege der Anschaffer geht mittlerweile bald in Rente oder in den Tod, aber der gesamte Familienclan und Freundesclan treibt weiter sein höchstes Wesen abgeschottet von der einfachen Bevölkerung. Viele von ihnen kaufen sich in Parteien und Politik ein oder setzen mit Geld Strohmänner ein um ihren Einfluss zu verdecken. Deshalb sind viele politische Amtsinhaber sowohl im Osten als auch im Westen in höchster Masse suspekt, und in keinster Weise mehr eine Stimme des Volkes, oder Volksvertreter. Die wenigen Gespräche, die ich bisher hier in Petersburg geführt habe:
Ein junger Mann bezüglich des Ukraine Krieges sagt, Propaganda von beiden Seiten, man kann keiner Seite wirklich glauben schenken, er sieht auch die Gefahr der weiteren Zuspitzung.
Eine Frau, gebildet, in besseren Jahren, sieht keine große Gefahr, meint es wird sich bald alles friedlich lösen.
Ein junges Pärchen mit schlechtem Englisch war erstaunt dass es für mich einfach möglich nach Russland zu fahren.
Die Geschäfte, Supermärkte sind reichlich vorhanden und gefüllt auch mit allen möglichen Waren und Luxusartikeln aus dem Westen. Es gibt auch eine Nobelpassage im alten Stil am Newsky Prospekt wo man teure, edle „Kleinigkeiten“ speisen kann.
In der Nähe befindet sich auch das Denkmal zu Katharina der Grossen, eine Deutsche Zarin aus Sachsen , welche besonders viele Deutsche angeworben hat nach Russland zu siedeln, insbesondere in das Wolgagebiet, welches nach 1917 zur Autonomen Republik der Wolgadeutschen bis 1941 wurde. Danach hat Stalin alle dortigen Deutschen deportiert und viele umgebracht.
Fortsetzung folgt als Teil 2