„Die Arbeit der EU repräsentiert ‚Bruderschaft zwischen den Nationen‘ und entspricht einer Form von ‚Friedenskongress‘, wie Alfred Nobel dies als Kriterium für den Friedenspreis 1895 in seinem Testament umschrieben hat,“ so begründete 2012 das norwegische Nobelkomitee die Verleihung des Friedensnobelpreises an das Staatenbündnis EU. Ob das Komitee diese Wahl noch einmal treffen würde?
Die EU erscheint heutzutage als ein Bündnis, das sich nicht als Friedenskongress, sondern als Kriegspartei präsentiert. Das verdeutlicht die Resolution zur „anhaltenden finanziellen und militärischen Unterstützung für die Ukraine“, die eine große Mehrheit der EU-Parlamentarier am 17. September 2024 bschlossen hat (europa.eu). Die Abgeordneten forderten nicht nur eine verstärkte finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine, damit sie doch noch den Sieg erringt, sie schreckten auch vor einer weiteren Eskalation nicht zurück. Denn sie forderten „die Mitgliedstaaten auf, Einschränkungen des Einsatzes westlicher Waffen gegen legitime militärische Ziele im Hoheitsgebiet Russlands unverzüglich aufzuheben“ und „Lieferungen moderner Luftabwehrsysteme und anderer Waffen und Munition, einschließlich des Marschflugkörpers Taurus“ zu beschleunigen.
Der gerade ins EU-Parlament gewählte Abgeordnete Michael von der Schulenburg stimmte mit einer kleinen Minderheit gegen diesen Entschließungsantrag. Im Interview mit der Zeitschrift „International“ zeigte sich der ehemalige Diplomat „richtig schockiert, dass man in Europa so ein Dokument verabschieden kann“. Es sei ein Aufruf zum „totalen Krieg“ und er vermisst die Worte Diplomatie und Verhandlungen (youtube.com). Er nannte die Resolution unrealistisch und er fürchtete, dass sich die EU damit nur selbst isoliere.
Die EU-Kommission folgt dem Willen der Abgeordnetenmehrheit. Sie hat nun erstmals beschlossen, sich finanziell an den Waffenkäufen ihrer Mitgliedstaaten zu beteiligen. Bislang war sie dafür bekannt, Straßen- und Eisenbahnbau mitzufinanzieren, wissenschaftliche Projekte zu fördern oder die Landwirtschaft zu subventionieren. Nun kommen Waffenkäufe hinzu. Insgesamt 300 Millionen Euro sollen an 20 EU-Länder verteilt werden, die im Rahmen des Programms EDIRPA Luft- und Raketenabwehrsysteme, gepanzerte Fahrzeuge oder Munition kaufen wollen. Die Rüstungsgüter sollen zur Unterstützung der Ukraine angeschafft werden oder Lücken im eigenen Arsenal auffüllen. Der eingesetzte Betrag soll einen kleinen Anreiz schaffen. Die EU schätzt, dass die geförderten Waffenkäufe einen Gesamtwert von 11 Milliarden Euro betragen. Die Kommission bezweckt damit, „Anreize für die Industrie“ zu schaffen, um „ihre Produktionskapazitäten auszubauen“ (ec.europa.eu).
Auch Lettland erhält nun EU-Geld für Waffenkäufe (sargs.lv). Gemeinsam mit fünf anderen Staaten, darunter Österreich und Deutschland, plant Lettland damit, IRIS-T SLM Flugabwehrsysteme zu erwerben. Diese Raketen können Hubschrauber, Flugzeuge, Drohnen, Marschflugkörper und Kurzstreckenraketen abschießen. Hersteller ist der Rüstungsbetrieb Diehl Defence in Überlingen am Bodensee, der über 21 Produktionsstandorte und Vertretungen in Deutschland und international verfügt.
Zudem will die lettische Regierung mittels EDIRPA gemeinsam mit Finnland, Schweden und Deutschland gepanzerte Fahrzeuge des finnischen Rüstungskonzerns Patria erwerben. Der Mannschaftstransportwagen Patria 6×6 kann mit montierten Maschinengewehren oder Mörsern geliefert werden. Die Firma Patria verfügt mittlerweile auch über Werkshallen in Lettland; im August nahm das lettische Heer den ersten in Lettland produzierten Patria 6×6 in Empfang (sargs.lv).