So. Sep 8th, 2024

Domus Rigensis Tage, Stammtisch u.a.

Alljährlich finden Anfang Juli die Domus Rigensis Tage in Riga statt.

Dies ist eine Veranstaltung und ein Treffen der Deutschbalten, deren Nachfahren, und offen für alle an der Geschichte Lettlands interessierten Personen welche auch Deutsch verstehen. Immer eine ausgewogene Mischung aus Vorträgen, geselligen Gesprächsrunden in interessanter Atmosphäre und historischen Exkursionen.

Dieses Jahr gab es zwei Vorträge:

Bildersturm in Riga von Martin Pabst, eine interessante Darstellung der Reformationskämpfe in Riga anhand alter Quellen, und :

Rigaer Kunstmuseen während der sowjetischen Okkupation von Mara Traumane, eine Darstellung der Kunstzensur insbesondere im Jahre 1949, wo über 2 % der Letten nach Sibirien verschleppt wurden da sie dem Kommunismus nicht konform genug erschienen.

Bei der Vorstellung dieses Vortrages hat Ojārs Spārītis hat sich dazu verstiegen die Deportationen 1949 in Lettland mit dem Angriff in der Ukraine und den russischen Maßnahmen zu vergleichen, das ist für einen Historiker etwas fragwürdig.

Ausserdem hätte man mit den heutigen technischen Mitteln die einzelnen Vorträge besser illustrieren können.

Am nächsten Tag gab es einen Ausflug mit dem Schiff die Daugava runter zur Ostsee, dort unterhielt ich mich mit zwei Lettinnen u.a. auch über die Situation in Lettland, die rapide ansteigenden Preise, den überbordenen Verwaltungsapparat, im grossen ganzen nehmen auch sie immer mehr die Entfernung der politischen Verwaltung vom einfachen Bürger war.

Später gingen wir noch mit einer kleinen Gruppe der Deutschbalten ins Zentrum auf ein Bier.

Darunter befand sich auch Herr Malz, 1930 in Riga geboren und im Vergleich zu Noch-Präsident Biden körperlich und geistig topfit. Als erfahrener Mann hat auch er die rasante Preissteigerung in Lettland bemerkt, zum Krieg in der Ukraine steht er etwas kritischer als viele Letten und auch einige andere Deutschbalten welche meinen ganz Russland als das absolut Böse zu verurteilen.

Sein Grossvater hiess mit Nachnamen Iesalniks, ein typisch lettischer Nachnahme in der deutschen Übersetzung bedeutet er Malz.

Der Tourismus in Riga ist leicht rückläufig, die Stühle und Tische vor einer geschlossenen Cocktailbar dienten uns als angenehme Stätte, um neben den lärmenden Bars mit übergrossen Flachbildschirmen und Dauerfussballberieselung entspannte Gespräche zu führen.

Deutschsprachiger Stammtisch auf dem Markt Agenskalns


11 Menschen haben sich dort am Sonntagmittag zusammengefunden, unter anderem auch Taisija, welche 30 Jahre für das lettische Begegnungszentrum in Liepaja zuständig war, welches leider trotz meiner Bemühungen als Deutsches Haus 2016 verloren ging.

Daneben einige nach Lettland ausgewanderte Deutsche, bzw. zwischen Lettland und Deutschland pendelnde Deutsche. Teils auch weiterhin noch aktiv in der Wirtschaft tätig. Entgegen meinen Kenntnissen und Berichten von gescheiterten Firmengründungen von Deutschen in Lettland meinten einige das die lettische Bürokratie im Vergleich zu Deutschland wesentlich einfacher und angenehmer sei. Bruno aus Liepaja stellte in einem kurzen Referat die deutsche Geschichte von Agenskalns (Hagensberg) vor.

Dieser Stammtisch soll fortgeführt werden mit jeweils einem Thema welches Bezug zum Deutschtum in Lettland haben soll, eventuell dann auch an verschieden Orten in Lettland.

Werbung für Ungarn in Riga

Am Samstag vormittag unternahm ich einen Ausflug ins Kalnciems Quartier, ein Markt mit lettischen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Spezialitäten, wo auch immer eine Deutsche Käserei aus Madonna ihre Produkte anbietet. Dort gab es diesmal auch einen Stand mit einem grossen Kessel Gulaschsuppe, welcher von Ungarn bereitgestellt wurde im Zusammenhang mit der EU Ratspräsidentschaft.

Ich sprach ein wenig mit einem der Köche, welcher mir erklärte das diese „Freisuppe“ von der ungarischen Botschaft in Riga organisiert wurde. Ich solle auch mal probieren, eine richtige echte ungarische Gulaschsuppe. Die kenne ich schon, war mehrmals in Ungarn gewesen aber gerne probiere ich einen Teller. Danach schaute ich ihn an und fragte, da fehlt doch was, oder, nämlich die scharfen Gewürze. Ja, meinte er sie hätten die Anweisung bekommen die Suppe an den lettischen Geschmack anzupassen, welcher eher scharfe Gerichte vermeidet. Jedenfalls war dennoch oder gerade deshalb die Suppe nach kurzer Zeit alle.

Unterkunft in Riga und Nahverkehr

Es gibt eine grosse Auswahl an Unterkünften in Riga, von teuren Hotels bis zu billigen Hostels in 10 – Bett Schlafsälen. Diesmal probierte ich mal was neues aus, im Internet war ein Apartement mit kleiner Küche, Bad und Schlafzimmer in der Brunieku Strasse, etwa 2km vom Zentrum entfernt für 58 EUR für 2 Nächte zu buchen. In der Beschreibung und den Kommentaren sah es etwas skurill aus.

Ja, die Diskrepanz zwischen dem original erhaltenen Flur von 1900, wo in hundert Jahren keinerlei Renovierung vorgenommen wurde und dem etwa im Jahre 2000 renoviertem Apartement hatte seinen Reiz, vor allem mit der Glaskuppel als Teildach, welche architektonisch klug geplant den Flur des 5 stöckigen Mietshauses beleuchtet.

Die Fahrpreise der öffentlichen Verkehrsmittel sind in Riga stark gestiegen, wenn man am Kiosk ein einfaches Ticket kauft, so zahlt man 1,50 EUR. 2007 betrug der Preis noch 30 lettische Cent, also entsprechend 0,45 EUR. Noch letztes Jahr konnte man sich mehrere Fahrten auf einem Ticket kaufen, jetzt, dank verstärktem Klimaschutz muss für jede Fahrt ein Ticket gekauft werden, welches in keinster Weise klimaneutraler ist als der einfache Papierstreifen von 2007.

Ein Gedanke zu „Deutscher Kultursommer in Riga“
  1. Danke für diesen informativen und abwägenden Bericht. Davon gibt es inzwischen leider viel zu wenig im Journalismus, der lieber mit einseitigen Bekenntnissen die Stimmung anheizt und den Frieden gefährdet.

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