Die letzten 2 Tage in Sovjetsk/Tilsit, der ehemaligen Grenzstadt des Deutschen Reiches zu Russland verbracht, dann die Ausreise zu Fuss über die Königin Luise Brücke.
Es war ein sportliches Unterfangen innerhalb einer knappen Stunde in Moskau den Anschlussflug nach Kaliningrad zu erreichen.
Der Anflug übers kurische Haff nach Kaliningrad:
Abends nehme ich mir dann ein Taxi nach dem ca. 120 km vom Flughafen Kaliningrad entfernten Sovjetsk, dort habe ich über einen Bekannten die Möglichkeit für 2 Tage eine unbenutzte Wohnung im Aussenbezirk der Stadt kostenlos zu nutzen. Ich bekomme den Schlüssel von der Nachbarin, leider kann man den Strom in der ersten Nacht nicht einschalten.
Am nächsten Tag dann ein ausführlicher Stadtspaziergang:
Man gedenkt auch hier der deutschen Vergangenheit, es sind noch zahlreiche alte Gebäude aus der preussischen Zeit vorhanden einige werden renoviert, es wird auch hier viel gebaut, Tilsit war Grenzstadt zu Russland bis Januar 1945.
Allerdings sind auch manche Geschäfte geschlossen, da der Tourismus, besonders aus Deutschland stark rückläufig ist.
Auf dem Weg zum Grenzfluss Memel wird man von einer veralteten stehenden Waffenschau flaniert.
Aber es gibt auch ein Denkmal für den Tilsiter Frieden, welche keine lange Dauer hatte. 1807 vereinbarte Zar Alexander I. mit Napoleon nach Preussens Niederlage, obwohl er ein Verbündeter Preussens war, einen Friedensvertrag. Allerdings schon 1812 musste sich Russland dem Einmarsch Napoleons erwehren und befand sich somit auch wieder auf Seiten Preussens.
Dann besuche ich das örtliche Museum und muss mit Erstaunen feststellen, das doch einige Beschriftungen und Erläuterungen auch in Deutsch vorzufinden sind, hingegen nicht in Englisch!
Die Museumsmitarbeiterin spricht sehr gut Deutsch, hat in Deutschland studiert. Wir sprachen über den Sozialismus, sie meinte dort wäre alles viel schlechter gewesen, so wie ihre Eltern es ihr auch sagten. Ich meinte dass der Lebensstandard mit Sicherheit wesentlich schlechter war im Sozialismus, aber es gab ein gewisses Auffangbecken für die Leute die heute als Penner auf den Straßen schlafen müssen. Da musste sie mir allerdings auch wieder zustimmen.
Das Museum hat schon seit einigen Jahren keinerlei Mittel für den Erwerb von Gegenständen Büchern etc. Der Frieden von Tilsit ist ein bedeutendes Ereignis für eine so kleine Stadt und wird im Museum entsprechend zelebriert.
Allerdings wurde das Denkmal der Königin Luise in den 50er Jahren abgerissen, ich würde sagen aus politischen Gründen da man alles Deutsche einfach mitFaschismus assoziiert hat und ein neues Russland aufbauen wollte.
Später wurde auf das Podest eine Statue eines berühmten sowjetischen Sportler gestellt welche allerdings auch bald wieder abgerissen wurde. So ist das mit den Denkmälern, nur wenige überdauern einige Jahrhunderte, schon gar nicht wenn sich Die politischen Verhältnisse und Grenzen ändern.
Sie meinte allerdings mit Recht das früher natürlich die ganzen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, durch den Adel und die Verwandtschaft untereinander da waren.
Vor lange Zeit die Diskussion auch über die Benennung der Stadt ein Teil der Einwohner war der Meinung man müsste sie wieder als Tilsit benennen und ein anderer Teil der Meinung sie sollte weiterhin Sovietsk heißen.
Die meisten der Ausstellungsgegenstände stammen von Spenden der hiesigen Bevölkerung:
In den letzten zwei Jahren sind kaum noch deutsche Touristen nach Sovietsk gekommen, hingegen davor gab es große Mengen von deutschen Touristen die sich die kleine Grenzstadt angeschaut haben und das Museum besuchten. Im Sommer hingegen sind jetzt immer noch viele Touristen da. Das Museum hat im Prinzip Personalmangel, das heisst im Sommer mit dem ganzen Führungen und dem Anfragen wird es ziemlich stressig für die Mitarbeiter der Tourismus.
Das alte Speicherhaus 1928 im Bauhausstil von Architekt Peter Behrens errichtet steht übrigens heute noch, wie ich auf meinem Weg zur Memel feststellen konnte.
Es gibt eine kleine Hafenkneipe, mit selbigem deutschen Namen, wo ich ein Bier trinke.
Und da schaut man nun über den Fluss Memel und denkt über den Wandel der Geschichte nach. Jetzt schaue ich, obwohl ich nach Osten schaue, wo früher Russland war, auf den Westen, nämlich Litauen als einen Teil Europas. Und von wo ich schaue, dort befand sich einst Deutschland zur Grenze nach Russland. Und jetzt ist es 180 Grad verdreht.
Ich höre am frühen Abend etwas Musik in der Ferne und sehe noch ein Lokal am Memelfluss, welches neben gutem Essen auch Live Musik anbietet:
Ein passendes Musikstück zum Ende der Reise, von Demis Roussos, „From Souvenirs to Souvenirs we go“
Später noch ein Bier getrunken in einer kleinen Bar gegenüber einer Kaserne.
Dort ein junger Russe, der sagte mir er wird bald in die Ukraine geschickt zum kämpfen, er macht die Ausbildung in der Kaserne, muss dort auch wohnen. Ich fragte ihn ob er keine Angst hat, er meinte nein ,er würde ja nicht in der ersten Reihe kämpfen als Artillerist sondern in der zweiten Reihe. Nun ja,russisch Roulette .
Am nächsten Morgen noch in einer reichlich gefüllten österreichischen Supermarktkette einen Kefir gekauft:
Die europäischen Filialgeschäfte vor der Grenze sind geschlossen:
An der Grenze durchblättert die Zollbeamtin genau meinen Pass und sieht den Einreise und Ausreisestempel der Ukraine vom Juni 2023 und greift zum Telefonhörer, alles klar, dachte ich mir jetzt wirds mal wieder eine ausführliche Befragung durch den FSB geben,
Ein Mann der etwas Englisch konnte durchsuchte erstmal genau meine Taschen, dann sollte ich mein totes Handy ans Ladegerät anschliessen, ich sagte der Tastbildschirm ist ziemlich kaputt. Es gelang ihm aber die Fotos aufzumachen, dann interessierte er sich weshalb ich während der russischen Spezialoperation in die Ukraine gereist, ich sagte, um mir ein Bild von der Lage zu machen.Ob ich Bilder davon hätte, nur Zuhause auf dem Laptop sagte ich, aber er wollte unbedingt Fotos davon sehen, zufälligerweise hatte ich auf Kultur.lv einen kleinen Teilbericht mit einem Foto. Dann erzählte ich ihm, das ich ja in Westdeutschland aufgewachsen wäre, und der Osten, im wesentlichen das grosse Russland, als nicht betretbare Zone eine Faszination auf mich ausübte. Tja, meinte er, das ist heute nicht mehr das starke Russland von damals. Dann fragte er mich genau über meine einmonatige Reise durch Russland aus, wo, wann ich wohin gefahren, wo übernachtet. Geruhsam erzählte ich von meiner Reise, das auch in Russland ein Problem mit Migranten ersichtlich sei. Ja, er hätte auch Probleme mit denen zu korrespondieren, sie könnten oft kaum russisch, kein Englisch und wären absolut gesprächsunwillig. Ich fragte wie lange unser Gespräch noch dauern würde, ein Bekannter erwartet mich auf der litauischen Seite, ja meinte noch ca. eine halbe Stunde, ob ich meinen Bekannten anrufen könnte das es noch etwas dauert, ja, kein Problem. Wir unterhielten uns noch eine Weile, ich erzählte ein paar Anekdoten aus meiner Russlandreise. Er tippte noch ein paar persönliche Daten in Computer, Telefonnumer lettisch, wo ich studiert habe, etc., ich sagte, das hat doch schon alles der FSB im Oktober 2023 in Hentischek dokumentiert. Egal so gings noch ca. eine halbe Stunde, aber immer freundlich und gelassen weiter. Dann meinte er gut, er sei jetzt fertig mit Fragen, ob ich mich korrekt behandelt gefühlt habe, ja, kein Problem. Ich meinte bei einem Gespräch wenn beide Seiten zuhören und höflich miteinander umgehen lassen sich die meisten Fragen friedlich klären man muss sich ja nicht so undiplomatisch wie Baerbock verhalten. Zum Abschied sagte er mir ich solle doch bitte auch meinen Freunden und Bekannten erzählen wie korrekt man in Russland mit Ausländern umgeht und er würde sich wünschen das wieder mehr Deutsche Russland besuchen, klar sagte ich, werde ich machen.
Und dann bin ich wieder in Litauen.
Am Ende der Brücke hat man Panzersperren aufgestellt …
Fazit der Reise:
Die Reise neigt sich dem Ende, Unmengen von Eindrücken, Bekanntschaften, Gesprächen und Bildern.
Es passt alles nicht richtig zusammen, die Gebäude, alt oft zerfallen, daneben neu, teils unfertig oder stillos hingeklatscht, die Infrastruktur an manchen Stellen und Plätzen geradezu perfekt, und nicht weit daneben zerbrochene Sowjetreste, notdürftig in Funktion gehalten, oder nur noch Ruinen.
Es wirkt alles etwas zerfleddert und abgerissen in Russland, so wie auch das fortgeschrittene Leben der alternden Menschheit. Es wird ein wenig bemäntelt und neu angestrichen mit Kitsch und Schönheitssalons verziert und daneben häuft sich der Müll und schreitet der Verfall voran.
So ist es mehr oder minder überall auf der Erde, wenn man genau hinschaut, nur die Verkleidung ist hier und da etwas perfekter.
Die Kontraste sind halt in Russland schärfer das entspricht auch dem Klima und dem Charakter. Die Mittelschicht möchte sich reich gebärden, fährt dicke Autos, speist in edlen Restaurants. Man möchte zeigen das man es geschafft hat. Aber auch auf dem Lande sieht man eine gesteigerte Bautätigkeit, etwas bewegt sich in Russland es herrscht immer noch eine gewisse Aufbruchstimmung doch keiner weiss genau wohin.
Die Theorie des zusammenbrechenden Russlands ist jedenfalls Unsinn und vielleicht nur eine propagandistische Wunschvorstellung des Westens. Sicherlich kann man punktuell Zerfall, Zusammenbruch feststellen, aber keine Stagnation.
Russland befindet sich immer noch in einer Entwicklungsphase, etwas desorientiert im Moment, versucht es den Vielvölkerstaat zusammenzuhalten.
Aber es hat Perspektiven die in Europa schon nicht mehr so zu sehen sind, genauso wenig in den USA.
Es wird die Frage bleiben ob sie die Eigenproduktion erheblich steigern können, sie haben die Ressourcen dazu. Jedoch hapert es ein wenig an der Technologie, vielleicht nur eine Frage der Zeit. Jedenfalls wird Isolation die Eigenentwicklung fördern. Und ab einem gewissen Moment könnten auch westliche Ingenieure, Wissenschaftler in Russland neue Perspektiven finden, wenn sie freundlich aufgenommen werden und sich nicht als besserwissende Übermenschen gebärden, sondern sich in die Verhältnisse einleben können und somit sachte eine Entwicklung vorantreiben, unter Berücksichtigung der psychologischen und tatsächlichen Gegebenheiten.
Wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg, ich denke da an den Forscher Nikolai Nikolajewitsch Miklucho-Maklai, den Russen in Neuguinea.
Mit ehernen moralischen Werten wie der Westen sie gerne darstellt, obwohl die aufkommende LGBT Bewegung eher einen Widerspruch darstellt, vergiften wir nur das Zusammenleben auf der Erde. Andere Völker, andere Sitten, entweder finden sie freiwillig zueinander durch Austauschen mit Akzeptanz oder sie bekriegen sich weiter stumpf und dumpf wie Mittelalter.
Keine Seite, keine Meinung, keine „Wahrheit“ wird auf Dauer Recht behalten.
Wenn die propagandistische Struktur von Macht, Gier und Abhängigkeit aufgebrochen wird, und der lokale persönliche freie Austausch von Kenntnissen und Gütern zunimmt, dann erst wird die Menschheit eine etwas längere Zukunft haben können. Selbstorganisation unter freiwilliger Beteilung nach den Interessen und Fähigkeiten des Einzelnen, welche Ergebnisse allen Beteiligten gleichermassen zugute kommen, entsprechend ihres Einsatzes mit Rückwirkung ihrer Handlungen auf sie selbst, das wäre eine Vision.
Wenn nicht, dann weiterhin viel Spass an der Versklavung und Selbstzerstörung.
„… und muss mit Erstaunen feststellen, das doch einige Beschriftungen und Erläuterungen auch in Deutsch vorzufinden sind, hingegen nicht in Englisch!“
Als ich 2011 von Chisinau mit dem Zug zum Tag der Republik nach Tiraspol gefahren bin, habe ich eine „Fernfahrkarte“ mit mehreren Seiten Papier bekommen, auf Russisch, Rumänisch – und Deutsch! Auch kein Englisch o.ä. Sehr vorbildlich!
(Wird bestimmt heute nicht mehr so sein. Wer weiß, ob man überhaupt noch nach Tiraspol darf.)
Was für eine epische Reise! Bis nach Kamtschatka habe ich es noch nie geschafft, aber die Brücke in Tilsit/Sowjetsk haben wir im Sommer auch erstmals genutzt, um aus der EU herauszukommen. Der Gedanke, dass es irgendwie kurios ist, wie Osten und Westen dort geografisch „die Plätze getauscht“ haben, kam mir dabei auch. Allerdings: Der Fluss bildete dort – anders, als es im Text durchklingt – nie die deutsch-russische Grenze. Diese verlief weiter nördlich und östlich, denn bis zum 1. Weltkrieg war das Memelland auf dem rechten Ufer ebenfalls Teil von Preußen bzw. des Deutschen Reichs. Zwischen den Weltkriegen bildete die Brücke allerdings die deutsch-litauische Grenze.
Danke für die Richtigstellung, die Grenze war etwa 25 km weiter östlich nach Russland bis 1914
War das „Auffangbecken“ für Penner im Sozialismus nicht das Umerziehungslager? In China ist das doch heute noch gelebte Praxis, oder?
Der arme Soldat, der da in den Krieg ziehen muß, der spielt wohl jetzt auf makabre Weise im wahrsten Sinne des Wortes russisch Roulette? Oder tut das seine Regierung mit ihm? Wer weiß,wer weiß?
Auf jeden Fall zieht er in den Krieg, damit Putin seine Gier nach Macht und Geld befriedigen kann und ein freiheitsliebendes Volk versklaven kann!
Wo ist da die Selbstzerstörung, wenn einfach der Frömmste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt? Und ich denke einfach, nicht der arme Soldat ist der böse Nachbar, sondern sein oberster Befehlshaber, der ihn daran hindert, einfach mit einer Frau und Kindern sich ein hübsches Zuhause aufzubauen – damit Rußland wachsen könnte, wenn auch die 600.000 anderen Gefallenen mit einer Familie sich ein trautes Heim hätten aufbauen können, anstatt für die Verrücktheit eines macht- und geldgierigen Staatchefs von einer Restitution einer Sowjetunion – größer denn je – in einem anderen Land ihre Haut zu Markte zu tragen!
Wenn Herr Bock in China, in der Sowjetunion und in Russland auf Reisen war, dann muss er das wissen. Insofern sind seine Kanonaden berechtigt.
Man muß nur diesen Bericht zwischen den Zeilen lesen und die Stellungnahme ist berechtigt. Aber vermutlich hat du zum Thema nichts inhaltliches beizutragen, ansonsten würdest du dich nicht so entwertend äußern. Es gibt Dinge, die braucht man nicht – schon gar nicht dieses Schicksal des armen Soldaten oder das des Russen im Zug, von dem der Autor im vorausgegangenen Bericht erzählte – ich meine den, dem der Usbeke wohl das Gesicht zwecks Plünderung zerschlitzt hat!
Und wer Leuten zuhören kann, die die Stalinzeit noch miterlebt haben oder Leute kennt, die von dem Überfall in der Ukraine direkt betroffen sind, der muß sich seine Äußerungen nicht in den Schmutz ziehen lassen!
Was für ein Schwachsinn, der Russe wurde einfach aus materiellen Gründen von Usbeken ausgeraubt, da gabs keine politischen Hintergründe, da dichtet ein Herr Bock etwas herbei, was ohne politische Motivation jederzeit in Frankfurt oder anderen Grosstädten in Deutschland passiert …
Mal lesen? Was habe ich über den Usbeken geschrieben? Von Politik habe ich im Zusammenhang mit dem Usbeken wohl nicht geschrieben. Hat der Verfasser dieser Antwort wohl seine eigenen Vorstellungswelten darein projiziert?
Aber wofür macht man eine Kommentarspalte, wenn man keinen echten Meinungsaustausch will, sondern diejenigen, die manche Sache auch von einer anderen Seite beleuchten nur in den Dreck zieht?
Nennt man das Marketing? Ist dies ein kommunistisches – nennen wir es so – Szeneblatt? Dann macht bitte über die Kommentarspalte eine Disclaimer, daß außer Putin-Verstehrei/Moskau Propaganda und komunistische Kampfparolen erwünscht sind!
Anteilnahme am Schicksal eines jungen Menschen, der vermutlich bald tot sein wird und am Schicksal derer, die ihr Leben in dem auch in Rußland so bezeichneten „Fleischwolf Putins“ bereits gelassen haben, weil ein macht- und geldgieriger Diktator einfach den Hals nicht voll kriegen kann, als „Kanonade“ zu bezeichnen, ist wohl unterste Schublade! Die Kanonade veranstaltet der Kreml und andere müssen darunter leiden. Und diejenigen, die dies beim Namen nennen, zu entwerten, kann mit normalen Maßstäben wohl nicht gewertet werden?
Der Spitzname Vladolf Putler wurde von Russen erfunden – ebenso wie der Begriff „Fleischwolf“ für die Kriegsmaschinerie Putins!
Ansonsten muß ich sagen, daß die Berichte über die Reise ganz hübsche Bilder liefern und man sich eine Vorstellung erwerben konnte, wie es da aussieht.