Di. Dez 3rd, 2024

Edgars Rinkevics, Foto: Saeima, CC BY-SA 2.0.

Edgars Rinkevics, der langjährige lettische Außenminister, tritt am 8. Juli 2023 sein neues Amt als lettischer Staatspräsident an. Im Interview mit Latvijas Radio äußerte er sich zur Forderung, die Ukraine in die NATO aufzunehmen, was bereits auf dem Gipfel des Militärbündnisses vom 11. bis 12. Juli 2023 in Vilnius beschlossen werden sollte (lsm.lv). “Das wird einfach nicht geschehen. Wir können viel diskutieren, doch es ist offensichtlich, dass inmitten der NATO-Mitgliedstaaten in dieser Frage keine Übereinstimmung besteht. Das war bereits im Frühjahr erkennbar.” Die zusätzliche Bemerkung des Politikers erscheint diplomatisch unscharf: Lettland werde auf dem Gipfel alles tun, damit die Beschlüsse maximal in der Nähe des für die Ukraine besten Szenarios seien. Ob damit eine NATO-Mitgliedschaft gemeint sein kann, bleibt eine offene Frage. Rinkevics bemerkte, die vorherrschende Stimmung in der Allianz sei, darüber erst nach Beendigung des Krieges zu sprechen.

Der ukrainische Staatspräsident Wolodimir Selenski hatte noch am 4. Juli 2023 in einem CNN-Interview seinen US-amerikanischen Amtskollegen Joe Biden aufgefordert, die Aufnahme seines Landes zu unterstützen. Eine Zusage wäre derzeit eine “enorme Motivation für ukrainische Soldaten”. Zwar zeigte er Verständnis, dass die Ukraine nicht während des Krieges Mitglied werden könne, doch es sei sehr wichtig zu spüren, dass sie eine Zukunft innerhalb von Verbündeten habe (lsm.lv).

Bereits Anfang Mai hatten sich baltische und polnische Regierungsvertreter in Riga getroffen. Sie vereinbarten, eine Deklaration zur NATO-Aufnahme der Ukraine vorzubereiten, die auf dem Gipfel in Vilnius beschlossen werden sollte (lsm.lv). Am 1. Juni 2023 bekannte sich die lettische Saeima mit 88 von 100 Stimmen in einer Erklärung zur unumkehrbaren euroatlantischen Integration der Ukraine und unterstützte deren vollständige Einbeziehung in die NATO, sobald es die Umstände zulassen. Rihards Kols, Abgeordneter der Nationalen Allianz, erwies sich in der Debatte als eifriger Transatlantiker: “Erstens: Die Ukraine wird in absehbarer Zeit der NATO beitreten, zweitens: es wird eine wechselseitige Einigung über den Weg zu dieser NATO-Mitgliedschaft erzielt werden und drittens: Russland hat und wird in dieser Frage überhaupt nichts zu sagen haben.” Im Frühjahr 2022 verhandelten die Ukraine und Russland über einen Waffenstillstand. Damals war der Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft bereits vereinbart. Doch die Verhandlungen wurden nach Aussagen des deutschen Ex-Generals Harald Kujat und des damaligen israelischen Premiers Naftali Bennett auf Druck des Westens abgebrochen (berliner-zeitung.de).

Die NATO-Staaten scheinen den Forderungen Kols` nicht zu folgen. Das Bündnis ist nach Beobachtungen des Brüsseler Korrespondenten Eric Bonse uneins: Selenskis Forderungen spalten, er droht, bei mangelnder Zusage einer Mitgliedschaft dem Gipfel fernzubleiben (lostineu.eu). Ex-NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der die polnische Regierung berät, berichtete von den Drohungen Polens und weiterer NATO-Mitglieder, eigenständig Truppen ins Kriegsgebiet zu entsenden, dann befänden sich NATO-Staaten direkt mit Russland im Krieg. Die Türkei blockiert die schwedische Mitgliedschaft und über einen Nachfolger des amtierenden Generalsekretärs Jens Stoltenberg vermag man sich auch nicht zu einigen. Das Schlimmste daran ist, dass der Krieg sich zum Dauerzustand entwickelt.

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