Die Herrschaft über eine menschliche Gruppe, eine Region, die Herrschaft in einem Staat hat sich nur in ganz seltenen Fällen auf die Macht des Herrschers begründet, sondern vielmehr fast immer einer religiösen Legimitation bedurft.
Das ganze Christentum, mit ihren Päpsten als Stellvertreter Gottes, den römischen Kaisern, den Fürsten, durchzieht diese Legimitation durch das, wie Bakunin es nannte, Gottesphantom (Kleinschrift: Philosophische Betrachtungen über das Gottesphantom, über die wirkliche Welt und über den Menschen, Verlag der Syndikalist, Berlin 1921/23).
Als glänzendes Beispiel dient der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV., er stand über dem Volk und allen Gesetzen, fühlte sich von Gott für diese Arbeit ausgewählt. Berühmt und charakteristisch für diese Herrschaftsform ist der Ausspruch von Ludwig XIV., dem sogenannten „Sonnenkönig“: „Der Staat bin ich“
Umso verwunderlicher ist es, das selbst bis heute, nach der Aufklärung, und mit unserem pragmatisch wissenschaftlich – kapitalistischen Verhalten, es an Staaten und Aussprüchen nicht fehlt, welche sich auf ein höheres imaginäres Wesen berufen.
Selbst in der dunkelsten Epoche deutscher Geschichte hat Hitler, welcher nun alles andere als ein christlicher Mensch war, schon in seinem Buch Mein Kampf, bemerkt: „So glaube ich heute im Sinn des allmächtigen Schöpfers zu handeln, indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.“
Nach dem Attentat 1944 hat er sich dazu hinreissen lassen folgendes zu äussern:
„Es lag in der Hand der Vorsehung, am 20. Juli durch die Bombe, die eineinhalb Meter neben mir krepierte, mich auszulöschen und damit mein Lebenswerk zu beenden. Dass mich der Allmächtige an diesem Tag beschützte, sehe ich als Bekräftigung des mir erteilten Auftrages an.“
Trump hat übrigens sich nach dem Attentat auf ihn, wo er mit einem Streifschuss am Ohr glimpflich davon gekonmmen ist, ähnlich geäussert: „Gott allein habe verhindert, dass das Undenkbare geschehe“
In diesem Zusammenhang muss man auch den nicht nur amerikanischen Staats Slogan, „God’s own country“ bewerten, welcher auch in anderen Ländern gerne gebraucht wird:
https://en.wikipedia.org/wiki/God%27s_Own_Country
Und ebenso finden wir in Israel unter vielen Juden die ebenso absurde Theorie vom „auserwählten Volk“
Die islamischen Länder hegen meist ähnliche Ansprüche, so bezeichnet sich der Iran als „Islamischen Gottesstaat“.
Und selbst in Lettland, welches heute im allgemeinen sich nicht besonders gläubig verhält und darstellt beginnt die Staatshymne folgendermassen:
Gott, segne Lettland,
Unser teures Vaterland.
Segne doch Lettland,
Ach, segne es doch!…
Zudem gibt es auf der offiziellen Staatsplattform:
https://www.visc.gov.lv/lv/media/19470/download?attachment
eine Richtlinie für die Behandlung der Staatsfeiertage für Schulen darstellt, folgenden Formulierung:
Latvija – Dievzemīte (Lettand – Gottesland)
Von der Sowjetunion zum gläubigen Russland
Und wenn wir nun einen Blick auf das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion werfen, so stellen wir einen erstaunlichen und abrupten Wandel fest. Zwar hat selbst Stalin 1941 den schon völlig eingemotteten Patriarchen nochmal aus seiner verstaubten Ecke hervorgerufen:
Danach aber war das Thema Glauben und Kirche in der Sowjetunion weitgehend tabu. Kirchen wurden zu Schwimmbädern, Kinos, Boxhallen etc. umfunktioniert.
Aber schon Ende der 80er Jahre beginnt eine architektonische und symbolische Renaissance der Russisch orthodoxen Kirche. Zahlreiche Kirchen werden restauriert, teils neu aufgebaut, allerdings trotz der Verdoppelung der sich zur ROK bekennenden Personen seit 1991 bis 2008, besuchen nur ca. 7% mindestens einmal monatlich eine Kirche.
Die restaurierte Nikolai-Marinenkathedrale in Kronstadt bei meinem Besuch in Petersburg März 2024
Atomkrieg und Glaube in Russland
Wenn wir uns jetzt zum krönenden Abschluss einen inhaltlich sehr aktuellen Artikel von Mikhail Smolin, einem erzkonservativen und ultraorthodoxen Bewunderer Putins, anschauen, welcher 2018 bei tsargrad.tv veröffentlicht wurde, so sehen wir das Gottesphantom in seiner grössten Aufgeblasenheit, ganz im Sinne islamistischer Extremisten, nur die Jungfrauen fehlen noch! Inwieweit die von Smolin wiedergegebenen Aussprüche Putins tatsächlich so gefallen sind konnte ich nicht verifizieren.
„Russen kommen in den Himmel, Amerikaner kommen in die Hölle“
Putin beschrieb die Folgen eines Atomkrieges Russland hat vor nichts Angst. In der Person des Präsidenten hat das Land die Frage der Bedrohungen, die der Westen gegen uns richtet, auf den Punkt gebracht Aber es gibt etwas Neues, das wir fast zum ersten Mal beim Valdai-Forum in Sotschi gehört haben. Zum ersten Mal hat Präsident V.V. Putin gab eine christlich-religiös-eschatologische Einschätzung eines möglichen Atomkrieges zwischen den USA und Russland ab. Der Angreifer muss wissen, dass Vergeltung unvermeidlich ist. Dass er zerstört wird. Und wir sind Opfer von Aggression. Und wir werden wie Märtyrer in den Himmel kommen. Und sie werden einfach sterben. Weil sie nicht einmal Zeit haben werden, umzukehren. Es gibt keine Angst. Es gibt keinen Tod. Russland wird stoisch und religiös alles akzeptieren, was in dieser Welt passieren kann. Die Opfer des Krieges, gegen die er geführt wird, „werden wie Märtyrer in den Himmel kommen“. Und die Angreifer werden „einfach sterben“, ohne Zeit zu haben, das Verbrechen zu bereuen, das sie vor der Menschheit begangen haben.
Das Rumoren eines Krieges ist auf beiden Seiten zu spüren. Von amerikanischer Seite bereiten sie sich auf eine Aggression vor. Von russischer Seite heißt es, dass es keine Gewinner geben wird und jeder Angreifer „durch das Schwert sterben“ wird. Er wird durch einen nuklearen Vergeltungsschlag sterben, er wird sterben, ohne Zeit zur Reue zu haben. Putin interpretierte auf seine Weise im Atomzeitalter die Worte des heiligen Großherzogs Alexander Newski: „Wer mit einem Schwert zu uns kommt, wird durch das Schwert sterben.“ Der Feind wird nicht nur in einem fairen Kampf sterben, sondern auch ohne Reue wie ein Dieb, der in unsere Heiligtümer eindringt. Der Satz erklärt gut Putins frühere Aussage, dass der Präsident keinen Grund habe, ohne Russland zu existieren: Warum brauchen wir eine solche Welt, wenn es dort kein Russland gibt? Dies wird in erster Linie denen gesagt, die wahnhafte Wünsche haben, Russland zu zerstören. Zunächst einmal werden sie edel gewarnt, damit sie keinen einzigen Zweifel daran haben, dass die Führung des Landes genug Willenskraft hat, zurückzuschlagen. Vergeltung wird unvermeidlich sein, und jeder, der einen Atomkrieg mit Russland beginnt, muss wissen, dass er ohne Reue sterben wird, „sterben“, ohne einen Sieg zu erringen … Ich kenne nur noch eine Aussage von V.V. Putin welche vielleicht sogar noch tiefer in seinem christlichen Wesen verankert ist. Putin sagte einmal: Welche Macht auch immer über die Menschen herrscht, sie ist stärker als die Macht des Herrn; nichts kann stärker sein als diese Macht. Ich verstehe diesen Satz als ein Symbol des Glaubens des Staatsoberhauptes, eines Herrschers, der die Grenzen seiner großen Macht nach irdischen Maßstäben versteht. Und egal wie sehr liberal-sozialistische Oppositionelle Putin der „Tyrannei“, der Trunkenheit an seiner Macht beschuldigen, ich erinnere mich jedes Mal an die oben genannten Worte. Das ist die beste Garantie gegen „Tyrannei“, gegen den banalen Wollustrausch der Macht. Er weiß, dass der Herr stärker ist und seine Macht unvergleichlich höher ist. Und das gläubige Herz des Präsidenten unterwirft sich sinnvollerweise seinem Willen. Er vertraut auf ihn und folgt seinem Plan für das Land, dessen Herrscher er ernannt wurde. Putin und die russische Souveränität Dies wird von einem Herrscher gesagt, einem Mann, dessen Herz „in der Hand Gottes“ ist. Ein erfahrener Herrscher, der die schwierigsten politischen Schlachten miterlebt hat, der die Grenzen seiner Macht nicht nur mit seinem Verstand, sondern auch mit gläubigem Herzen kennt. Nicht die Grenzen menschlicher, äußerst unvollkommener Gesetze. Und die Gesetze der irdischen Macht, die die Macht des Herrn verehren, kennen ihre Stärke und überirdische Vollkommenheit. Er weiß, dass alle Macht von Gott kommt und die Herrscher darüber herrschen. Und deshalb ist er ruhig, wenn man um sich herum nur hört: „Alles ist verloren“, „Alles ist schlecht“, „Wir können nicht überleben.“ Erbärmliche, gottlose Nichtwesen, die nur an Selbstzufriedenheit denken und nur nach ihrer persönlichen Macht streben. Und es ist mir egal, dass sie mich einen „Putinoiden“, „den Außenseiter der Obrigkeit“ oder irgendetwas anderes nennen. Ich sehe und spüre in ihm einen christlichen Herrscher (ich weiß nicht bis zu welchem Grad an Reinheit), der Macht nicht wie banale Volksredner versteht. Er sieht sich vor dem Schöpfer stehen und regiert nach seinem Glaubensbekenntnis. Und nur ein solcher Herrscher kann sich zu Recht als „der korrekteste, der wahrhaftigste Nationalist – und der effektivste Nationalist“ bezeichnen – was gleichbedeutend ist mit der Liebe zu seinen Nachbarn, zu seinen Mitbürgern.
Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß Putin ein bekennender Atheist war, bis er Präsident wurde. Er merkte relativ schnell, daß er die russische Bevölkerung besser hinter sich bekommen kann, wenn er sich ein christliches Gewand gibt. Er ging seitdem immer wieder ostentativ zu Messen und stellte sich mit den Kirchenoberen gut. Inzwischen ist der Patriarch Kyrill I wohl der heftigste Kriegshetzer in Rußland.
Aber auch in Deutschland berufen sich auch Teile der Klimasekte auf Gott und das Christentum und argumentieren, daß die Bundesrepublik ein Werk Gottes sei und wenn also der Staat Klimaschutz verordne, man bedingungslos gehorchen muß, weil der Staat ja von Gott eingesetzt wurde und man mit Klimaschutz ja Gottes Schöpfung schützen könne – und daher auch jeder der das anders sähe, kein Christ sein könne und daher von der Gemeinschaft der Christen ausgeschlossen werden müsse…..