Do.. Aug. 14th, 2025
Idyllischer Siegespark in Riga-Pardaugava: Nach dem russischen Angriff 2022 wurde das antifaschistische Denkmal abgerissen; davon ist keine Spur mehr zu finden. Die konträren Geschichtsinterpretationen schüren bis heute die ethnischen Spannungen. Foto: Di Dmitrijs Purgalvis, CC BY 3.0, Collegamento

Russische Staatsbürger, die in Lettland wohnen, müssen fortan einen A2-Sprachnachweis über Lettisch-Kenntnisse vorlegen, damit die Migrationsbehörde weiterhin ihren Aufenthalt genehmigt, darüber berichtete Lettlandweit.info bereits. Allerdings müssen Antragssteller, die über 75 Jahre alt sind, keinen bestandenen Sprachtest vorlegen. Doch auch von ihnen wird ein Gesinnungstest verlangt.

Der russische Weltkriegsveteran Vasilijs Moskaļjonovs (alle Namen in diesem Artikel in lettischer Schreibweise) weigerte sich nach 34 Jahren Aufenthalt in Lettland, folgenden „Fragebogen zur Loyalität“ zu beantworten. Die folgenden Fragen sollten jeweils mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden (jauna-vdd-anketa-kf-un-blk-pilsoniem.docx):

1. Haben Sie jemals mit den russischen oder belarussischen Geheimdiensten zusammengearbeitet oder arbeiten Sie derzeit mit ihnen zusammen, haben Sie Informationen über Lettland, die Europäische Union, die NATO-Mitgliedstaaten und andere Länder in deren Interesse erhalten oder wurden Sie gebeten (oder gezwungen), solche Informationen zu beschaffen?

2. Sind Sie der Meinung, dass Russland 2014 die Annexion der Krim (Krimhalbinsel) bzw. die illegale Eingliederung in die Russische Föderation vorgenommen hat?

3. Befürworten Sie den Anschluss der Krim (Krimhalbinsel) oder anderer Teile der Ukraine (Saporischschja, Donezk, Luhansk, Cherson) an die Russische Föderation?

4. Ist Russland Ihrer Meinung nach für eine unprovozierte militärische Aggression gegen die Ukraine verantwortlich?

5. Haben Sie seit dem 24.02.2022 in digitalen Medien (soziale Netzwerke, Kommunikations-/ Kommunikations-Plattformen usw.) Informationen veröffentlicht oder verbreitet, die im Zusammenhang mit dem Einmarsch in die Ukraine Unterstützung für Russland/die russische Armee zum Ausdruck bringen?

6. Haben Sie in digitalen Medien Informationen veröffentlicht oder verbreitet, die sich gegen Lettland, die lettische Sprache und Kultur, die Europäische Union, die NATO und die strategischen Partner Lettlands richten?

7. Verurteilen Sie die derzeitige russische Regierung und die von ihrer Armee durchgeführte militärische Invasion in der Ukraine und betrachten Sie diese als kriminelle Handlung?

8. Sind Sie der Meinung, dass die Republik Belarus Russland bei seiner militärischen Aggression gegen die Ukraine unterstützt?

9. Haben Sie nach dem 24. Februar 2022 in irgendeiner Weise gezielt Unterstützung für das Verteidigungs-/ Militärministerium Russlands oder Weißrusslands geleistet?

10. Haben Sie Ukraine oder ihren Bürgern in irgendeiner Weise Unterstützung geleistet?

11. Ist die Demontage sowjetischer Denkmäler in Lettland gerechtfertigt?

12. Ich bestätige, dass ich weder direkt noch indirekt Finanzmittel oder wirtschaftliche Ressourcen für natürliche oder juristische Personen, gegen die restriktive Maßnahmen (Sanktionen) der EU verhängt wurden, sowie für Einheiten oder Strukturen dieser Personen oder für mit ihnen verbundene natürliche oder juristische Personen, Einheiten oder Strukturen oder zu deren Gunsten.

13. Ich versichere, dass ich mich nicht an militärischen oder anderen Aggressionen jeglicher Art gegen die Ukraine, Lettland und andere Länder der Europäischen Union und der NATO beteiligt habe und mich auch niemals daran beteiligen werde. Ich achte und respektiere die Freiheit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine und jedes demokratischen europäischen Landes und NATO-Mitgliedstaates.

Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)

Neben nachvollziehbaren Fragen, beispielsweise nach der Zusammenarbeit mit Geheimdiensten, findet sich in diesem Fragenkatalog höchst Umstrittenes. Wieso sollte beispielsweise ein Veteran der Roten Armee mit dem Abriss ihm gewidmeter sowjetischer Denkmäler einverstanden sein? Auch die Frage, ob der russische Angriff „unprovoziert“ war, ist unter Wissenschaftlern und Journalisten weltweit umstritten. Diese zum Maßstab für einen weiteren Aufenthalt zu machen, scheint mir mit der angeblich gewährten Meinungsfreiheit in einem westlichen Staat nicht vereinbar.

Moskaljonovs weigerte sich, diese Fragen zu beantworten. Am 19. Juli 2025 endete seine lettische Aufenthaltsgenehmigung. Er entschloss sich, mit seiner Tochter ins russische Pleskau zu emigrieren, dessen Gouverneur Mihails Vedernkovs den Veteranen der Roten Armee am 1. August 2025 feierlich empfing und auszeichnete. Lettische Medien betrachten die Ehrung in Pleskau als Aktion russischer Propaganda. Russlands „Propagandamedien“ hätten Moskaljonovs als „Helden“ beschrieben, der gezwungen worden sei, angesichts der „neofaschistischen“ lettischen Politik ins Exil zu gehen. LSM zitiert Moskaļjonovs, der erleichtert scheint, Lettland verlassen zu haben:

Hier wurde ich sehr, sehr herzlich empfangen. Wirklich – ich fuhr wie nach Hause. Natürlich war ich sehr glücklich. Als wir uns der Grenze zu unserer Heimat Russland näherten, war sofort zu sehen, dass die Jungs hier anders sind, die Mädchen anders. Man spürt sofort den heimischen Geist. Endlich bin ich angekommen. (lsm.lv)

Die Webseite Lente.lv äußert sich zu diesem neuesten medialen Streit zwischen Lettland und Russland differenziert und nachdenklich. Vedernkovs habe mit diesem Empfang „eine starke politische Erklärung“ abgegeben. Moskaljonovs Rückkehr sei als Triumph nationaler Entschlossenheit und unbeugsamer Prinzipien gefeiert worden. Diese Worte hätten international Widerhall gefunden und für „neue emotionale Spannungen im zwischenstaatlichen Dialog“ gesorgt.

Lente.lv weist darauf hin, dass etwa 5000 russische Staatsbürger und Angehörige in Lettland wegen verrichteten Militärdiensts in der Roten Armee eine Pension vom russischen Staat beziehen. Spezielle Leistungen erhalten russische Staatsbürger, die an „Kampfhandlungen zur Zerschlagung des nationalistischen Untergrunds in der Ukraine, Weißrussland, Litauen, Estland und Lettland“ beteiligt waren, somit von einer der baltischen Gesinnung entgegengesetzten Geschichtsauffassung profitieren. Lente-Journalistin Marta Skujina kommt zu folgendem Resümee:

Der Fall von Vasilijs Moskalonovs ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie individuelle Erfahrungen mit größeren geopolitischen Entwicklungen verschmelzen und die tiefen Wunden und ungelösten Konflikte beider Seiten offenbaren. Dieses Ereignis ist eine bittere Erinnerung daran, dass politische Entscheidungen, selbst wenn sie den besten Absichten dienen, immer Spuren im Leben der Menschen hinterlassen, insbesondere bei denen, die zwischen den sich verändernden Grenzen und Ideologien zweier Länder stehen.

Ein Gedanke zu „Sowjetischer Kriegsveteran Moskaljonovs sucht mit 98 Jahren Zuflucht in Pleskau“
  1. Interessant!
    Wenn Lettland einem 98jährigen, der schon 34 Jahre im Lande lebt, die Aufenthaltsgenehmigung versagt, hilft es sich selbst wohl kaum. Hätte Rußland ihn nicht aufgenommen, hätte man ihn weiter in Lettland alimentieren – oder verhunger lassen – müssen.
    So hat man einen Super-Streisand-Effekt fabriziert.

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