Mi.. Juni 25th, 2025
NATO-Übung „Resolute Warrior 2024“ in Lettland mit Schützenpanzern, Foto: Reinis Inkens, Saeima – https://www.flickr.com/photos/42130586@N02/54138330577/, CC BY-SA 2.0, Link

Die lettische Ministerpräsidentin Evika Silina teilte am 18. Juni 2025 der Presse mit, dass ihre Regierung beabsichtigt, im kommenden Jahr 4,35 Prozent des BIP für Militärisches auszugeben. Langfristiges Ziel ihrer Regierung ist es, die Ausgaben für die Rüstung auf fünf Prozent zu steigern. Mit dem Einkauf olivgrüner Ware möchte Silina den NATO-Forderungen entsprechen. Das meldete sargs.lv, die Webseite des lettischen Verteidigungsministeriums.

Von dem Geld sollen unter anderem 42 Schützenpanzer für eine zusätzliche Militär-Einheit angeschafft werden. Die NATO verlangt von Lettland, eine kampffähige Division aufzubauen.

Das lettische Verteidigungsministerium unterzeichnete im Januar 2025 einen Kaufvertrag mit dem spanischen Rüstungsproduzenten Santa Barbara Sistemas, der sich im Besitz des US-Konzerns General Dynamics befindet. Santa Barbara Sistemas produziert gemeinsam mit der österreichischen General-Dynamics-Tochter Steyr-Daimler-Puch den Schützenpanzer ASCOD. Der Kauf soll den Letten 387 Millionen Euro kosten. Ähnlich wie bei der Drohnen-Produktion soll die lettische Wirtschaft auch von der Herstellung von Panzerfahrzeugen profitieren: Mindestens 30 Prozent des ASCOD-Panzers sollen in lettischen Werkshallen entstehen. 2026 sollen die ersten ASCOD-Panzer ausgeliefert werden.

Nun stellen sich ausgerechnet die Spanier Donald Trumps Forderung entgegen, dass jeder NATO-Mitgliedstaat zukünftig mindestens fünf Prozent des BIP für Militärisches ausgibt. Auf dem NATO-Gipfel am Mittwoch soll einstimmig beschlossen werden, dass 3,5 Prozent für das Militär und weitere 1,5 Prozent des jeweiligen nationalen BIP für „verteidigungsrelevante Infrastruktur“ verwendet werden. Die Railbaltica wäre eine solche Infrastruktur. Laut LSM warnt NATO-Generalsekretär Mark Rutte davor, dass Russland bereits um 2030 NATO-Territorium angreifen könne (lsm.lv). Diese Aussage basiert lediglich auf NATO-Vermutungen.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez wandte sich in einem Brief an Rutte. Spanien könne sich in der nächsten Woche nicht auf ein solches Ziel festlegen. Damit gefährdet die spanische Regierung den Beschluss zur weiteren Aufrüstung, weil NATO-Staaten geschlossen zustimmen müssen. LSM bemäkelt die spanischen Rüstungsausgaben. Sie hätten im letzten Jahr nicht einmal zwei Prozent des BIP betragen. Damit habe Spanien „am wenigsten“ für die Verteidigung aufgewendet. Dies gilt aber nur prozentual und relativ. In absoluten Zahlen handelt es sich bei größeren Mitgliedstaaten wie Spanien jeweils um zweistellige Milliardenbeträge, nicht nur um geringe einstellige wie im Falle der baltischen Staaten.

Bereits mit einem BIP-Anteil von 1,9 Prozent verfügte Deutschland im Jahr 2024 mit 88,5 Milliarden Dollar global über das viertgrößte Militärbudget. Gemeinsam übertreffen westliche NATO-Staaten die russischen Ausgaben um ein Vielfaches:



Ausgaben in US-$Ausgaben vom BIP
1USA9973,4
2China3141,7
3Russland1495,5
4Deutschland88,51,9
5Indien86,12,3
6Großbritannien81,82,3
7Saudi-Arabien80,37,3
8Ukraine64,734
9Frankreich64,72,1
10Japan55,31,4
11Südkorea47,62,6
12Israel46,58,8
13Polen384,2
14Italien381,6
15Australien33,81,9
16Kanada29,31,3
17Türkei251,9
18Spanien24,61,4
19Niederlande23,41,9
20Algerien21,88

Diese Wikipedia-Angaben basieren auf Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI. Die Daten von China, Russland und Saudi-Arabien sind geschätzt.

Zum Vergleich: Das lettische Militär-Budget wies 2024 einen Betrag von 1,36 Milliarden Euro auf, das waren 3,3 Prozent des lettischen BIP. Zu diesen „Verteidigungsausgaben“ zählte die lettische Regierung auch den Zaunbau an den Grenzen zu den ungeliebten Nachbarn Russland und Belarus (mod.gov.lv).

Während die Spanier nach Geschmack von LSM nicht genügend in Waffen und Soldaten investieren, berichten die lettischen Journalisten über die Deutschen, dass sie gemäß einer YouGov-Umfrage, die von der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde, im zunehmenden Maß das Fünf-Prozent-Ziel akzeptierten (lsm.lv). 45 Prozent seien dafür, 37 Prozent dagegen, 18 Prozent seien „nicht imstande, in dieser Frage eine eigene Meinung zu formulieren“. Während Anhänger der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD sowie der Oppositionspartei Bündnis90/Die Grünen der NATO-Aufrüstung mehrheitlich befürworteten, wenden sich in Worten des LSM-Artikels die Unterstützer „der rechten euroskeptischen Partei“ AfD sowie der „linksextremistischen Partei“ Die Linke mehrheitlich gegen diesen Aufrüstungsbeschluss. „Pazifistische Nachkriegsphilosophie“, die einst der ehemalige lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks im empörten Ton den Deutschen anlastete, war offenbar gestern. Nun ist Deutschland wieder dabei, führende Militärmacht Europas zu werden. Die Tübinger Informationsstelle Militarisierung zitiert die Worte des Kanzlers Friedrich Merz skeptisch:

Damit steht die Bundeswehr vor dem wohl größten Aufrüstungsprogramm ihrer Geschichte, mit dem sie das Ziel von Kanzler Merz umsetzen könnte, zur führenden Militärmacht in Europa aufzusteigen: „Dieses Europa blickt auf uns. Europa erwartet etwas von uns. Die neue Bundesregierung nimmt diese Verantwortung an. […] Die Stärkung der Bundeswehr steht dabei für uns an erster Stelle. Die Bundesregierung wird zukünftig alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die die Bundeswehr braucht, um konventionell zur stärksten Armee Europas zu werden.““ (imi-online.de)

Hat Europa darauf gewartet?

3 Gedanken zu „Lettische Regierung plant weitere Aufrüstung“
  1. Ich danke dem Verfasser dieses Artikels, daß er es noch einmal erwähnt hat, daß Lettland aufrüstet, denn es ist doch ein Hoffnungsschimmer für die Menscheit, daß es vernünftige Regierungen gibt, die bereit sind, dem russischen Expansionsdrang etwas entgegenzusetzen.
    Es bleibt den Letten wohl auch nichts anderes als aufzurüsten, denn der Kreml-Chef hat auf einem sog. Wirtschaftsforum in St.Petersburg festgestellt, daß es für ihn keinen anderen Ausgang des Konfliktes geben kann, als daß die komplette Ukraine Teil Rußlands sein müsse.
    Zudem ist eben eine neue Drohung – die aber viele vorangegangene Äußerungen des Kremls und Einschätzungen westlicher Militätexperten bestätigt – , daß eben dort, wo der Fuß eines russischen Soldaten stünde, den Russen gehöre.
    https://www.stern.de/politik/ausland/wladimir-putin-droht—die-ganze-ukraine-ist-unser–35824776.html?utm_source=firefox-newtab-de-de
    Der Stern ist ein linksgerichtetes Magazin, so daß hier bei Kritik am derzeitigen Vorgehen Rußlands sicher nicht von rechter Hetze gesprochen werden kann. Allerdings auch andere Magazine, die nicht zum rechten Spektrum gehören, sagen ähnliches.

    Allerdings die Behauptung, daß die westlichen Ausgaben die russischen um ein Vielfaches überstiegen, darf wohl angezweifelt werden, denn keine Macht der Welt, die Angriffspläne hegt, kann ein Interesse haben, die wahren Zahlen bekannt zu geben. Es scheint manchen Feullietonisten nicht bekannt zu sein, daß es sowas wie militärische Geheimhaltung gibt. Die gibt es in jedem Land der Welt, das ein Militär hat.

  2. Wenn Rußland Lettland haben will, nimmt es sich das – egal, ob mit oder ohne „Aufrüstung“.
    Momentan wäre ein guter Zeitpunkt. Saimnieks‘ großer Bruder ist gerade etwas abgelenkt – und mental ein wenig überfordert.

  3. Auch in Afghanistan sind sowohl die Russen wie auch die Amerikaner gescheitert. Es gab sie schon immer die Taktik, den Feind auf das eigene Gelände zu lassen und ihm dort das Leben zur Hölle zu machen. Es gibt zahlreiche Bespiele schon aus der Antike, daß der größer erscheinende Angreifer an seinem klein erscheinenden Gegner gescheitert ist.
    Der Kampf David gegen Goliath mag stattgefunden haben oder nicht, aber er ist ein schönes Gleichnis dafür, daß man als der Kleinere durchaus nicht aufgeben muß.
    Wer wie im Falle der Ukraine oder auch jetzt Lettlands sagt, sie soll doch einfach aufgeben, es nütze ja eh nichts, der verbrämt nur, daß er sich den Fall der Ukraine oder des Baltikums schlicht wünschen tut! Soll er es doch einfach so sagen. Es wäre eine Meinung, zu der man stehen könnte, wie man will, aber man kann sie haben und es wäre einfach ehrlich!

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