Die Cafes und Restaurants in Ventspils wachsen wie Pilze aus dem Boden und verschwinden oft genauso schnell nur anders als die Pilzsaison, wo diese beginnt hört die Zeit der Gastronomie im Herbst weitgehend auf.
Nur die einfachen Esskantinen, welche zum Grossteil ihre Einnahmen von Arbeitern in der Umgebung beziehen können ganzjährlich problemlos überleben, alledings mit sehr angepassten Öffnungszeiten.
So eine der ältesten Kantinen, Liedags, nicht weit weg vom Badestrand im klassischen fast unveränderten Sowjetstil, welche allerdings nur von 11 bis 14.30 geöffnet hat.
Noch vor der Coronazeit waren die Preise mit Abstand die günstigsten in Ventspils, mittlerweile hat man auch dort die Preise angezogen, so kostet ein grosser Teller Suppe nunmehr 4 EUR, allerdings sind die Hauptgerichte im selben Preisbereich, Getränke mit 40 – 60 Cent noch sehr günstig. Im Prinzip eine reine Arbeiterkantine, da gleich nebenan die Fischkonservenfabrik ist und auch viele Arbeiter aus der Stadt die Möglichkeit nutzen.
Das Selbstbedienungsrestaurant Ermanitis im Zentrum der Stadt wird gut frequentiert von den unzähligen Schreibtischtätern der Stadt – Verwaltung, ein Hauptgericht liegt auch etwa bei 5 – 6 EUR.
Am Busbahnhof gibt es ebenfalls eine kleine Esskantine, welche noch vor Corona 24 Std. durchgehend geöffnet hatte, Nach Corona haben sie nur noch von 7 – 19 Uhr geöffnet!
Überhaupt ist das Nachtleben in Ventspils nach Corona weitgehend zusammengebrochen, nur das Restaurant und die Bar „Klondike“ (eine Unternehmensgruppe aus Riga) hat zumindest nach dem Schild noch 24 Std. geöffnet, die meisten Restaurants in Ventspils schon teils um 20, 21 oder 22 Uhr. Das war vor einigen Jahren noch anders.
Oder das Unternehmen Diana, welches 3 Selbstbedienungsrestaurants unterhält und zur Zeit noch die billigste Möglichkeit für eine einfache Mahlzeit anbietet. Für knapp 5 EUR kann man einen Salat, ein Hauptgericht und ein Getränk bekommen. Es war auch das erste Unternehmen in Ventspils was Pizza angeboten hat und einen Pizzabringdienst unterhält.
Auch das Restaurant Dolcevita bietet Pizza an, aber interessanter sind z.B. die „Cepelini“, welche Kartoffelklöse mit einer Fleischfüllung und Pilzsauce sind.
Allerdings war und ist das Thema Pizza in Lettland schon lange Zeit eine Katatstrophe.
Pizza mit Ketchup, Mayonese, Senf, Weintrauben, Hühnerfetzen, sauren Gurken, Fleischwurststücken …
Aber hier kann man an einen alten bekannten Spruch denken, welcher das alles relativiert, Geschmack ist Ansichtssache, sagte der Affe und biss in die Seife!
Erst in den letzten Jahren gab es auch in Ventspils verschiedene Versuche mal gute traditionelle Pizza anzubieten. Darunter hat sich in letzter Zeit die Pizzeria am Hotel Dzintajura hervorgetan.
Zum einen beziehen sie viele Zutaten aus Italien, u.a. auch das Mehl, und lassen den Teig 24 Std. vorgären, verwenden richtige Tomatensauce und echte Salami.
Bei einem Gespräch mit der Mitbesitzerin, die Frau eines mir gut bekannten deutschen Landwirts, welcher hier in Lettland sein Unternehmen aufgebaut hat, stellte sich heraus, das schon allein die hohen Steuerabgaben (in Lettland beträgt auch in der Gastronomie der Steuersatz 21 % ebenso auf den Einkauf von Lebensmittel, nicht wie in Deutschland 7 % für Lebensmittel, bzw. 19 % für Gastronomische Dienstleistungen) den Gewinn soweit schmälern, das bei einer Pizza die 9 EUR kostet gerade mal 1 EUR nach allen Steuerabgaben als Gewinn zu verzeichnen sind, und da sind noch keine Investitionen einkalkuliert. Diese Jahr hat man Anfang des Sommers die Öffnungszeiten von 12 – 22 Uhr anvisiert, allerdings Mitte Juni mangels genügend Gästen erst ab 16 Uhr den Betrieb aufgenommen, das soll sich aber Anfang Juli mit der Schwemme von Litauern wieder ändern. Zudem wird man durch überbordene Bürokratie belästigt, so war vor ein paar Wochen eine 15 Mann starke Polizeiequipage vorgefahren, um ! zu prüfen ob denn die Musik die dort gespielt wird dem lettischen Autorenrecht entspricht, also ob entsprechende Abgaben dafür gezahlt werden.
Dann gibt es noch ein kirchlich organisiertes Restaurant „Bethania“, welches auch neben dem kommerziellen Betrieb eine Armenküche bereit hält. Auch hier die Preise nur geringfügig höher wie die Selbstbedienungskantinen. Bei all diesen Geschäften ist Vorauszahlung angesagt, das Essen aber wird z.B. in diesem Restaurant nach Bezahlung und Bestellung am Tisch serviert.
Leider sind die Suppen in Lettland oft stark mit Kartoffeln gestreckt, so wie hier die „Skabenu Zupa“ (Sauerampfersuppe), allerdings gibts es sehr viele verschieden und interessante Suppen in Lettland.
Das vermutlich am meisten frequentierte Restaurant „Skroderkrogs“, auch im Zentrum, wird viel von Geschäftsleuten besucht, oft ist es schwierig überhaupt einen Platz zu bekommen. Die Preise sind etwa doppelt so hoch wie in den Selbstbedienungsrestaurants, es wird eine etwas günstigere Tageskarte angeboten. Die Speisen werden allerdings nicht direkt frisch zubereitet, sondern sind in der Regel vorgefertigt tiefgefroren und werden nur nochmal erwärmt, angebraten.
Dies ist eigentlich auch das einzige Restaurant was auch vom Herbst bis zum Frühjahr stark besucht ist.
In ähnlicher Preisklasse arbeitet der Grillpub im Zentrum.
Daneben gibt es noch ein paar andere Edelrestaurants welche allerdings stark auf die Tourismussaison konzentriert sind, so am alten Rathausplatz, am Marktplatz und in der alten Burg.
Aber selbst jetzt Ende Juni sind diese Establissements weitgehend leer. Sie überleben vermutlich nur durch Familien – und Betriebsfeiern wie Jubiläum, Geburtstage, Hochzeit, Beerdigung etc. solche Feiern sind in Lettland ein gewisses Muss.
Der eigentliche Tourismus, im wesentlichen durch die Litauer welche nur wenig Meerküste haben, beginnt erst nach dem Johannisfest, also Anfang Juli und endet schon wieder Ende August.
In Ventspils gibt es bisher nur ein Möglichkeit zum Esssen und Trinken fast am Strand, viele Versuche direkt am Strand etwas aufzuziehen sind in den letzten Jahren regelmössig mangelnder Kundschaft gescheitert.
In Liepaja z.B. gibt es einiges mehr, aber mit exorbitanten Preisen, so z.B. über die Kette Illy in Kioskform in der Nähe vom Strand ein HotDog für sage und schreibe 6,90 EUR angeboten wird, den gleichen bekommt man bei Narvesen oder in verschiedenen Tankstellen in Lettland mitunter bei Aktionspreisen für unter 2 EUR. Oder Pommes am Strand mit 7,50 EUR.
Mit Abstand das teuerste Restaurant mit Blick auf die Venta Flussmündung ist Maisons.
So denn auch z.B. die Kneipe und Privatbrauerei Courlander am Markt nur vom Mai bis Ende September in Betrieb ist, da nach Auskunft des Besitzers die Unterhaltskosten im Winter, vor allem die Energiekosten, ein solches Minus verursachen, das dies gerade mal im Sommer reingeholt werden kann, was einige vorangegangenen Jahre, wo er versucht hat durchgängig das Geschäft offen zu halten, gezeigt haben. Er würde ja den Winter gerne den Betrieb aufrechterhalten, wenn zumindest man in der Zeit auf + – O käme. Hier kann man auch kleine lokale Snacks zum Bier bekommen, ein „Halber“ (O,5 l) kostet allerdings auch schon 4 EUR. In Liepaja liegt der Preis bei 5- 6 EUR in Riga kann er mitunter schon 7 EUR erreichen.
Tapferer ist sein Konkurrent „Windau Wines“ der auch eigen gebrautes „Craft“ Bier anbietet, sowie lokalen Cidre und lokale Liköre, Weine und Schnäpse, welcher auch im Winter seinen Laden offenhält.
Dann gibt es natürlich auch in Ventspils noch einen Dönerladen, „Pakistani Kebap“, eine Kette aus Riga welche hier eine kleine Filiale unterhält und meist auch nur Inder und Pakistaner beschäftigt und den Türken-/Araberkebabs in Deutschland sehr ähnelt.
Typisch lettische Speisen findet man eher in den Kantinen, die gehobeneren Restaurants sind der gängigen internationalen Mode verfallen.
Wer etwas tiefer in die Geschichte der Gastronomie des Baltikums eintauchen möchte, dem kann ich mein Buch:
empfehlen, welches leider nur noch als Ebook vorhanden ist, da alle gedruckten Exemplare ausverkauft sind. Über eine umfangreichere Neuauflage wird nachgedacht, da ich viel zusätzliches Material dazu gesammelt habe.
Im allgemeinen kann man feststellen das das Gastronomieleben in Ventspils stark am schwächeln ist, es gibt zwar viele unternehmerische Versuche welche oft über kurz oder lang mangels genügend Gästeaufkommen aufgegeben werden. Sicher spielt auch die nach Corona eingetroffene Verteuerung eine Rolle, manche Unternehmer haben diese noch gesteigert da sie nach 2 Jahren Coronaverlusten wieder Kasse machen wollten. Ebenso spielt im Unterbewussten auch die Nähe zum Krieg und zu Russland eine Rolle, welche den Tourismus aus dem ferneren Ausland und auch aus Europa etwas gedämpft hat.
(Kriegszeit Küche, ein Buch in lettischer Sprache unter deutscher Besatzungszeit herausgegeben mit Rezepten für sparsames Kochen und Wirtschaften)
Danke für die kulinarische Führung durch Ventspils; Arbeiterkantinen scheinen noch ganz erschwinglich. Bürokratie ist für Gewerbetreibende mit wenig Kapital wirklich ein Graus, sie verhindert so manche Geschäftsidee. Für sie sollten andere Bedingungen gelten als für Konzerne.