Lettische Schülerinnen und Schüler werden sich fortan mit Waffen beschäftigen. Laut Aussage der Regierung führt Lettland als erster Staat Europas Wehrkunde an weiterführenden Schulen verpflichtend ein. Laut Gesetz soll damit auch der Patriotismus der Heranwachsenden gefördert werden.
Bereits seit 2018 beteiligen sich viele Schulen an Pilotprojekten zur militärischen Ausbildung. Im letzten Schuljahr wurde an 182 Mittelschulen und Gymnasien Wehrkunde eingeführt. Im gerade begonnenen Schuljahr ist sie für die rund 300 Bildungseinrichtungen dieser Art obligatorisch.
Am 22. Dezember 2020 trat das Gesetz “Staatlicher Wehrkundeunterricht und Junggarde” in Kraft, das die Zusammenarbeit von Schulen und Militär regelt (likumi.lv). Die “Junggarde” ist eine militärische Nachwuchsorganisation, die 10 bis 21jährige Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit beschäftigt. Der Gesetzgeber hat ihr die pädagogische Leitung anvertraut. “Instruktoren” der Junggarde sollen die Schüler unterrichten. Dafür hat der Nachwuchsverband ein spezielles Zentrum eingerichtet.
Im November 2023 konkretisierte der Verteidigungsausschuss der Saeima in erweiterter Sitzung, an der auch Vertreter des Verteidigungs- und Bildungsministeriums teilnahmen, dieses gesetzliche Vorhaben. Wehrkunde soll in allen 10. und 11. Klassen stattfinden. Insgesamt stehen 112 Unterrichtsstunden auf dem Plan. Der Ablauf ist laut lvportals.lv in drei “Module” gegliedert:
- 1. Modul: Staatsbürgerliche Aktivität im Kontext staatlicher Sicherheit
In den ersten sechs Stunden sollen Schüler sich über unterschiedliche bürgerschaftliche Aktivitäten unter dem Gesichtspunkt staatlicher Bedrohung vertraut machen und Verständnis für die Grundprinzipien der Verteidigung entwickeln. Eine Lettland zugehörige Persönlichkeit, die auf staatsbürgerlichen Werten basiert, soll entwickelt und gestärkt werden. Die Schüler sollen sich mit Situationen beschäftigen, die zu “Korruption, Machtergreifung und Manipulation der Gesellschaft” führen.
- 2. Modul: Widerstandsfähigkeit in Krisensituationen und Führung
In den nächsten vier Stunden sollen sich die Teilnehmer umfassend mit dem staatlichen Verteidigungssystem vertraut machen und erörtern, welche Rolle dem einzelnen zur Stärkung “nationaler Sicherheit” zukommt. Dabei werden verschiedene Arten von Führungsrollen inklusive öffentlicher Auftritte vorgestellt und erprobt. Zudem stehen Konzepte der umfassenden “totalen” staatlichen Verteidigung auf dem Plan.
- 3. Modul: Kenntnisse der Landesverteidigung
Nach diesen Einführungen folgt der praktische Unterricht, der in den Jugendlichen den Willen erwecken soll, “ein aktives, mobiles und handlungsfähiges Mitglied der Gesellschaft zu werden, das sich, Mitmenschen und Lettland im Krisenfall verteidigen will und kann”. Unterrichtsthemen sind die Kenntnisse militärischer Zusammenhänge, Kommunikation, “Faktenprüfung” und die Glaubwürdigkeit von Informationsquellen. Die Schüler lernen das phonetische NATO-Alphabet, Topografie, Orientierung anhand von Militärkarten kennen. “In diesem Modul sind Schusswaffen vorgesehen, deren Geschichte sowie Anleitung zur Benutzung, darunter auch die Entwicklung von Schussfertigkeit. Dabei soll Schülern Respekt vor Waffen und deren Gebrauch vermittelt werden.” Die 102 Stunden des 3. Moduls werden nicht nur in der Klasse oder auf dem Schulhof abgehalten, sondern einmal im Monat den ganzen Tag in Stadions, Parks, in Wäldern und anderenorts. Ein solcher Wehrkundetag soll so lange dauern, bis das Unterrichtsziel erreicht ist.
Die Junggarde stellt den Teilnehmern ein Zertifikat aus. Es enthält die Bewertungen “absolviert”, “teilweise absolviert” oder “nicht absolviert”; sie bedeuten also keine Schulnoten, die in Lettland von 1 bis 10 reichen. Ob sich ein “nicht absolviert” negativ auf Schulerfolg und Karriere auswirkt, ist derzeit noch nicht ablesbar. Bildingsinstitutionen in Gefängnissen und internationale Schulen sind vom Wehrkundeunterricht ausgeschlossen. Für Schüler, die religiöse Skrupel oder “objektive” Gründe haben, soll alternativer Unterricht geboten werden.
Doch der Eventcharakter macht Militärübungen attraktiv. Die Direktorin einer Mittelschule in Valmiera meint, dass ihren Schülern die Wehrkunde sehr gefalle (lsm.lv). Allerdings bereitet die Umstellung des Stundenplans Probleme: Einmal im Monat ist ein ganzer Schultag den Instruktoren der Junggarde vorbehalten. Die Ministerien empfehlen, Unterricht in anderen Fächern zu kürzen. Das dürfte so manchem vom Lehrermangel geplagten Schuldirektor zupass kommen.
Das Ziel, das die staatliche Militärwebseite sargs.lv 2022 verkündete, gilt auch heute: Die Gestaltung von “staatsbürgerlichem Bewusstsein und Patriotismus”. Zudem soll die Möglichkeit geboten werden, sich militärische Kenntnisse anzueignen, “um staatsbürgerlich verantwortliche und gegenüber Lettland loyale Bürger zu formen, was im Kontext einer umfassenden Landesverteidigung besonders wichtig ist.”
Deutsche kennen das Wort Wehrkunde bislang nur von der DDR, wo sie 1978 in der 9. und 10. Klasse verpflichtend im Schulunterricht eingeführt wurde. Sieht man vom Wort “sozialistisch” ab, klingen die damaligen Ziele des SED-Staats nicht unähnlich: „ein wichtiger (organisierter) Bestandteil der (einheitlichen) sozialistischen Bildung und Erziehung. Sie umfaßt die Gesamtheit aller Maßnahmen zur ideologischen, charakterlichen und physischen Formung der Bürger unseres Staates im Hinblick auf die umfassende Verteidigung der DDR. (Sie dient dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Eigenschaften, die die Bürger befähigen, die sozialistischen Errungenschaften zu sichern und (…) umfaßt neben der sozialistischen Bewußtseinsbildung die vormilitärische und militärische Ausbildung. (…) Ziel der sozialistischen Wehrerziehung ist es, durch Erläuterungen unserer Militärpolitik die uneingeschränkte Bereitschaft aller Bürger zur Verteidigung unserer sozialistischen Errungenschaften zu erreichen.“ (indymedia.org)
Zuviel dürfen sie der Jugend nicht beibringen. Sonst lernen sie womöglich noch, sich gegen ihre Regierung zu wehren.
D.h., nach der Waffenlehre direkt an die Front. Dort werden sie rechtzeitig eliminiert, bevor sie gefährlich werden könnte.
2 Mio. Einwohner, die Hälfte illoyal. Von der anderen Hälfte die Hälfte die Hälfte zu jung, zu alt, zu schwach. Macht also garantiert 500.000 Tote. So kommt das, wenn ein kleines Kackland „totale“ Verteidigung macht.
„kleines Kackland“?
Die derzeitige Zusammensetzung der Bevölkerung ist das Werk Stalins und Breschnews und war so beabsichtigt! Genau dieses Erbe der Sowjetunion wollen die Balten nicht nochmal haben. Und genau das, was die Balten mit der Sowjetunion erlebt haben, bestätigt die Balten darin, daß es gut ist, vorbereitet zu sein.
Auch so manches entschlossene kleine Land hat so manche Supermacht besiegen oder hinauswerfen können – es gibt in der Menschheitsgeschichte genug Beispiele dafür.
Ich war in Lettland und habe das nicht als Kackland empfunden, sondern als ein hübsches Fleckchen Erde mit selbständigen Menschen mit einer eigenen Identität, die es wert sind, nicht durch eine neostalinistische Supermacht von der Landkarte und dem Völkerkundelexikon getilgt zu werden!
Militärexperten rechnen innerhalb der nächsten zehn Jahre mit einem russischen Angriff auf Nato-Territorium – und das Baltikum scheint dafür prädestiniert zu sein.
Und übrigens; diese auch mir in linken Kreisen sehr auffällige verächtliche Sprache über andere ist es, die viele Menschen aus dieser Richtung nur Böses erwarten läßt und ihnen Angst vor diesen Gruppierungen macht. Man erwirbt sich keine großflächigen Sympathien, wenn man andere Menschen verbal nur mit Schmutz bewirft!
Und schon dieses Vokabular zeigt, daß die Balten von ihren Gegnern nichts Gutes zu erwarten haben und sie gut daran tun, was sie tun – und Deutschland dies auch besser täte!
Echte demokratische Wahlen in Rußland mit echten Chancen für eine echte Opposition – und die ganzen Kriegsvorbereitungen wären überflüssig!
Sorry, es mußte das mal gesagt haben – ich werde dies hier auch nicht weiter ausdiskutieren!
Ich würde mal sagen, daß zwischen dem Wehrkundeunterricht in Ostblockstaaten und der Militarisierung der Jugend in baltischen Staaten wohl jeweils ein anderes Motiv liegt und daher nicht verglichen werden kann.
Der Ostblock hatte Angriffspläne gegen den Westen und hat dafür die Bürger scharf machen wollen. Dafür brauchte man auch Wehrkunde als Fach an den Schulen.
Die DDR allerdings war ein Vasallenstaat der Sowjetunion und hat zwar auch unter sowjetischer Besatzung unschöne Dinge erlebt, sie war aber nie Teil der Sowjetunion.
Die Baltischen Staaten hatten schon mehrere russische Okkupationen hinter sich, von denen die Okkupation durch das kommunistische Rußland die schlimmste war und teilweise genozidalen Charakter hatte – aber zumindest auf Auslöschung ihrer Identität als Volk ausgerichtet war. Dies dürfte vielen Balten noch in Erinnerung sein. Daher darf man die derzeitige Entwicklung wohl eher als Vorbereitung auf einen russischen Angriff sehen – also Herstellung von Verteidugungsbereitschaft. Die Balten wollen sowas wie unter Stalin und Breschnew sicher unter einem Putin nicht in einer Neuauflage haben.
Militärexperten gehen davon aus, daß der Nato innerhalb der nächsten 10 Jahre ein russischer Angriff bevorstehen wird – WIRD und eben nicht KÖNNTE!
Alles andere wurde von mir in anderen Kommentaren und Antworten bereits gesagt, so daß ich hier nicht ausführlicher werde und keine Absicht habe, dies hier noch großartig weiter zu diskutieren.
Die Militarisierung der Jugendlichen ist insofern ein Fehler, als sie sich später politisch anders auswirken kann, als es heute beabsichtigt ist. Wahrscheinlich geschieht diese Eskalation auf beiden Seiten des Konflikts. Wer Krieg lernt, übt ihn leichter aus.
Wer aber den lettischen Nationalismus und die Gewaltspirale kritisiert, sollte uns nicht als Forschungsquelle indymedia anbieten. Diese Plattform ist dezidiert linksradikal und demokratiefeindlich. Sie war einige Jahre verboten. Heute (18. September) finden wir z.B. folgende Meldung zu „Hausbesuchen“ bei zwei AfD-Bezirksabgeordneten auf der Startseite: „In den Nächten vom 12. auf den 13.09 und 16. auf den 17.09 habe wir Elke Zimmermann (hier folgt die vollständige Wohnadresse) und H.-J. Meyer (auch hier die vollständige Wohnadresse) in ihren Wohnhäusern besucht. Bei E. Zimmerman haben wir Buttersäure in die Familienautos geschüttet. Bei H.-J. Meyer haben wir den Hauseingang und das Auto mit Farbe markiert.“ Na prima, die Adressen werden ordentlich mitgeliefert. Denn vielleicht finden sich ein paar Mitstreiter, gerne von der Antifa, die das Werk vollenden. Wäre nicht das erste Mal. Dass durch solche und noch schlimmere Beiträge von indymedia Gewalt ausgeübt und legitimiert wird, leuchtet jedem ein. Wer gewaltfreie Konfliktlösungen für Lettland einfordert, sollte selbst sauber bleiben.
Das bezieht sich auf einen Artikel des Politikwissenschaftlers Michael Lausberg, der auf Indymedia veröffentlicht wurde. Sein Artikel bezieht sich auf die Darstellung der DDR-Wehrkunde, die keinerlei Gewaltaufrufe oder Veröffentlichung persönlicher Daten enthält. Müsste ich mich darum kümmern, ob jegliche Webseite „sauber“ ist, kämen wohl viele Hyperlinks nicht mehr in Frage. So würde ich dann auch relevante Daten von Bild.de nicht mehr verlinken. Der Bezug zur DDR-Wehrkunde sollte die Debatte eröffnen, ob und in wie weit der militärische Drill eines sich sozialistisch gebenden Staates, der nicht ohne Repressionen auskam, mit der Wehrkunde eines kapitalistischen Staates, der sich demokratisch und frei ausgibt, vergleichbar ist. Das hat ja auch geklappt.
„Kleines Kackland“:
Es geht in der Politik nie um Moral, sondern es gilt immer das Gesetz des Stärkeren. Welcher kleine Steppke auf dem Schulhof keine Kloppe kriegen will, geht den Großen aus dem Wege oder bringt regelmäßig Geschenke mit.
Natürlich kann er auch Judo lernen. Aber das können die Großen auch schon.
Er könnte noch einen großen starken Bruder haben, vor dem die anderen Angst haben. Aber doof, wenn nicht.
Diese Regeln gelten auch auf der Landkarte.
Sorry, will mich nicht weiter einmischen, aber diese Antwort zum Schulhofvergleich würde wohl passen:
Lettland ist der Schwächere, der gerade Judo lernt und sich einen starken Freund in der Funktkion des großen Bruders schon gesucht hat.
Das sollte man tun, wenn es nicht möglich ist, dem stärkeren Schläger aus dem Weg zu gehen und man kein Schutzgeld zahlen will – eine etwas deutlichere Formulierung für „Geschenke machen“! Denn der größere Schläger wird mit seinen Forderungen immer maßloser werden. Auch das kennt man eben auch schon vom Schulhof, daß Geschenke den Schläger meist nicht besänftigen.
In diesem Sinne…..
Wenn sich die beiden Großen kloppen, sollte der Kleine sich schon verpißt haben. Sonst kriegt er womöglich auch noch Tritte ab, oder die Großen fallen auf ihn drauf.
Wichtig ist auch, daß SEIN großer Bruder den Kampf gewinnt, sonst gibts vom anderen Großen hinterher noch richtig was!
Wenn sich die beiden Großen kloppen, sollte der Kleine sich schon verpißt haben. Sonst kriegt er womöglich auch noch Tritte ab, oder die Großen fallen auf ihn drauf.
Wichtig ist auch, daß SEIN großer Bruder den Kampf gewinnt, sonst gibts vom anderen Großen hinterher noch richtig was!