Auf der lettischen Plattform Ziedot.lv finden Wohltäter eine reiche Auswahl von Spendenaktionen: Man kann einzelnen in Not geratenen Kindern helfen, Geld spenden für Mitbürger, die eine lebenswichtige Operation oder Medikamente nicht bezahlen können oder allgemein soziale Projekte unterstützen. Der Mindesteinsatz beträgt 10 Euro. Wer seinen Namen nennt, wird in einer Spendenliste aufgeführt.
Auf Ziedot.lv kann man auch seine Solidarität mit der Ukraine finanziell bekunden, was immer „Solidarität“ auch bedeuten mag. Ob es sich um einen wohltätigen Zweck handelt, dafür zu sorgen, eine ukrainische Asow-Brigade mit Drohnen auszustatten, dürfte, zurückhaltend formuliert, international umstritten sein.
Unter der Überschrift „Unterstützung der Asow 12 Spezialabrigade“ veröffentlichte Ziedot.lv diesen Spendenaufruf:
Die Kämpfe werden immer intensiver und härter.
Die Spezialeinheit AZOV 12 hat sich sowohl in den Kämpfen um Mariupol als auch im gesamten Verlauf des Krieges in der Ukraine als sehr entschlossene und mutige Kampfeinheit bewährt. In dieser Brigade dienen nur Freiwillige, denen es aufgrund der begrenzten Unterstützung schwerfällt, ihre Einheiten vollständig mit der erforderlichen Ausrüstung auszustatten.
Die AZOV-Brigade bittet um unsere Unterstützung, damit wir ihnen helfen können, FPV-Drohnen für die Bedürfnisse der Kämpfer zu erwerben. Dies würde sowohl bei Verteidigungs- als auch bei Angriffsoperationen, bei denen bestimmte Aufgaben erfolgreich erfüllt werden müssen, sehr hilfreich sein. Drohnen sind in der modernen Kriegsführung ein unverzichtbarer Bestandteil der Durchführung von Operationen. Sowohl für die Aufklärung als auch für den Kampf sind Drohnen unverzichtbar, ohne die eine effektive Durchführung von Operationen nicht mehr möglich ist.
Wir können den Soldaten von AZOV helfen, im Kampf zu siegen und zu überleben!
Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)

Screenshot vom Asow-Spendenaufruf auf Ziedot.lv.
Asow wurde 2014 von Rechtsextremisten gegründet, um die ukrainische Armee zu unterstützen, die sich damals in einem desolaten Zustand befand. Schließlich wurde die 12. Asow-Spezialbrigade in die offizielle Armee integriert. Verteidiger dieser Asow-Kämpfer bezeichnen die Truppe als weitgehend entideologisiert und entpolitisiert. Doch an dieser Wikipedia-Sicht bestehen erhebliche Zweifel.
Nicht entpolitisiert scheint bereits das Asow-Wappen, das eine Wolfsangel darstellt, die auch von einer SS-Panzerdivision verwendet wurde. In Deutschland darf das Symbol im Zusammenhang mit rechtsextremistischer Gesinnung nicht gezeigt werden. Als „Entpolitisierte“ dürften Asow-Mitglieder sie also trotzdem in Deutschland zur Schau stellen. Doch diese Interpretation ist sehr zweifelhaft, denn die entpolitisierte Fassade vermag den faschistischen Background der Asow-Bewegung, von der Asow 12 durchaus ein Teil ist, kaum zu tarnen.
Kritik am Faschismus von Asow-Organisationen wird in den Medien als russische Propaganda abgetan. Den russischen Angriff auf die Ukraine, der Not und Elend einer Bevölkerung vervielfachte, die sich seit 2014 im Bürgerkrieg befindet, mit dem Vorwand der Faschismusbekämpfung zu rechtfertigen, ist tatsächlich fadenscheinig. Nichtsdestotrotz bildet Asow neben vielen anderen rechtsextremistischen Gruppierungen große dunkelbraune Flecken auf dem angeblichen Demokratie- und Freiheitsbollwerk namens Ukraine. Auch wenn Asow keine Wahlen gewinnt, scheint der Einfluss auf die ukrainische Regierung stark; zumindest wagt es Wolodimir Selenskij nicht, gegen sie und andere Rechtsextremisten vorzugehen. In anderen Ländern werden rechtsextremistische Gruppierungen bekämpft, in der Ukraine kooperiert der Staat mit ihnen und integriert sie in die Armee. Die Rehabilitierung von Asow passt in den ukrainischen Geschichtsrevisionismus, der über Bandera-Kult und Ultranationalismus hinwegsieht und der sich mittlerweile in der westlichen Propaganda verbreitet. In Deutschland empören sich Grüne beispielsweise lauthals (und meistens zurecht) über unselige AfD-Sprüche; über das rechtsextremistische Gebaren ukrainischer Kampfgefährten vernimmt man in diesen angeblich linksliberalen Kreisen weniger bis gar nichts. Die doppelten Standards machen den Kampf gegen Rechts unglaubwürdig.
Kritisiert werden vielmehr diejenigen, die über Unpässliches Bericht erstatten. Als das lettische Journalistenteam Re:Baltica vor einigen Jahren über die Kontakte lettischer Nationalkonservativer zu Asow-Extremisten recherchierte, traf der Argwohn nicht die rechts Gesinnten, die von einem Intermarium zwischen Ostsee und Schwarzem Meer träumen, das nicht nicht nur Russland, sondern auch den dekadenten Westen in die Schranken weisen soll, um „echte“ europäische Werte zu vertreten. Stattdessen polemisierten nationalkonservative Journalisten gegen Re:Baltica.
Nicht nur Letten, auch Deutsche beteiligen sich daran, Asow reinzuwaschen. Junge-Welt-Journalistin Susann Witt-Stahl verdeutlicht den Gegensatz zwischen harmlosem Schein und faschistischem Sein dieser Truppe. Im Februar 2025 vermietete Thomas Worm sein Schloss Diedersdorf in der Nähe von Berlin an Asows Spezialbrigade 12. Im Interview mit einem Bild-Journalisten nannte Peter R., ein ehemaliger Bundeswehr-Soldat, der nun für „Asow International“ spricht, das Ziel des Ausflugs: Asow hielt Ausschau nach Legionären aus aller Welt. Peter R. stellte seine Truppe als harmlos dar; Asow sei eine Elite-Einheit, die ihr Land verteidigen wolle. Dabei beobachtete Witt-Stahl:
Entsprechend bestreitet Peter R. Verbindungen zu historischen Vorfahren, die ebenfalls einen starken »Drang nach Osten« verspürt hatten. »Die Vorwürfe sind ganz klar russische Propaganda«, erläutert Peter R. im Bild-Video. Bei »Asow« seien »alle nationalsozialistischen Symbole von offizieller Seite aus verbannt«.
Bereits die im Hintergrund eingeblendeten Bilder im Bild-Video strafen Peter R. Lügen: Sie zeigen Kämpfer seiner Brigade mit dem Wolfsangelsymbol, das ursprünglich von der SS-Panzerdivision »Das Reich« als Truppenabzeichen verwendet wurde. (instagram.com)
Susann Witt-Stahl gab das Buch „Der Bandera-Komplex“ heraus. In dessen Vorwort werden die unguten Beziehungen zwischen Deutschland und der Ukraine benannt. Die „antike Tragödie“ in Mariupol, in welcher die 12. Asow-Spezialbrigade die Hauptrolle spielte, bewirkt demnach eine ins Rechtsextreme gewendete Katharsis der Deutschen, also eine dramatische Seelenreinigung, die den eigenen faschistischen Kampf gegen alles russisch Untermenschliche nachträglich legitimiert:
In den „Titanen des Mutes“, den ukrainischen Nationalgardisten und Armeeangehörigen, die die deutsche Öffentlichkeit 2022 als Hauptdarsteller einer „antiken Tragödie“ in Mariupol mit Götterdämmerungspotenzial auserkoren hatte, spiegelt sich das 1945 verlorengegangene Ich-Ideal des „Rassekriegers“, der den „Endsieg“ bringt. Die Kämpfe um das Hüttenwerk Asowstal wurden als Déjà-vu der Schlacht um Stalingrad erlebt, für die der glückliche Ausgang herbeigefiebert wurde, der Deutschland damals schmerzlich versagt geblieben war. Aus der Propagandamedienmaschine tönt sogar wieder der „Deutsche Wochenschau“-Optimismus: „Auf den Tag und die Stunde genau 81 Jahre nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion begann der ‚deutsche Angriff‘ auf Russlands Invasionsarmee: Seit heute Morgen, 4:00, ist die Panzerhaubitze 2000 im Gefecht“, verkündete „Bild“-Politikchef Julian Röpcke am 22. Juni 2022. (linkezeitung.de)
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