Mo.. Okt. 27th, 2025

Daniile Mukhametov, Foto: Unser Haus (googleapis.com).

Regierungen des NATO-Bündnisses betrachten Russland und Belarus als gefährliche Feindstaaten. Westliche Leitmedien liefern von Tag zu Tag entsprechende Bilder und Kommentare, die über berechtigte Kritik an Angriffskrieg und Autoritarismus hinaus die Russophobie schüren und die Militarisierung der eigenen Gesellschaft einfordern. Doch für litauische Behörden werden Feindstaaten offenbar zu Verbündeten, wenn es gilt, Deserteuren oder Kriegsdienstverweigerern den Garaus zu machen. Nicht jeder Oppositionelle aus Russland oder seinem Verbündeten Belarus scheint im baltischen Land willkommen. Folgt man der Darstellung der pazifistischen belarussischen Organisation „Unser Haus“, können sich in Litauen nur jene Regime-Gegner Putins oder Lukaschenkos Hoffnung auf Asyl machen, die sich der NATO-Propaganda anschließen und westliche Militarisierung gutheißen. Pazifisten und Anti-Militaristen droht hingegen oftmals die Abschiebung.

„Unser Haus“ nennt als aktuellen Notfall die Situation des russischen Kriegsdienstverweigerers Daniil Mukhametov (storage.googleapis.com). Der 21jährige Elektromechaniker im Dienst der russischen Eisenbahn weigerte sich, für russische Militärtransporte zu arbeiten. Wegen „Ungehorsams gegenüber der Polizei“ kam er in Saransk für einige Tage in Untersuchungshaft, in der er schwer misshandelt wurde. Am 17. Juni 2025 sprang er in Litauen aus einem russischen Transitzug, der sich auf dem Weg ins Kaliningrader Gebiet befand. Das Verlassen solcher Züge ist auf litauischem Gebiet strafbar. Sofort fahndete die litauische Polizei nach ihm mit Hubschrauber, Drohnen und Suchhunden. Dennoch gelang es dem Flüchtenden, finnisches Gebiet zu erreichen. Die folgenden Informationen stammen aus dem Newsletter und Artikeln von „Unser Haus“ und können von mir nicht weiter überprüft werden. Ich halte die belarussische Menschenrechtsorganisation, deren Mitglieder in Litauen Zuflucht suchten und dort zwar geduldet werden, aber selbst keinen sicheren Asylstatus erhalten, für glaubwürdig.

Nach diesem Vorfall stellte die litauische Verteidigungsministerin Divile Sakaliene einen Zusammenhang mit „Russlands Aktivitäten“ her, die „in der Tat sehr intensiv“ seien und sich in „bestimmten Provokationen und Sabotageakten“ zeigten (storage.googleapis.com). Litauische Medien verbreiteten im August Falschmeldungen. So behaupteten sie, dass Mukhametov in einem anderen Land festgenommen worden sei. „Unser Haus“ vermutet, dass diese Fehlinformation vom litauischen Geheimdienst stammte. Insgesamt halten die belarussischen AktivistInnen die litauischen Medien gegenüber Mukhametov als „äußerst feindselig“ eingestellt: „Sie berichten nicht nur über seinen Fall – sie heizen die öffentliche Meinung aktiv mit Hassrede an und fordern im wahrsten Sinne des Wortes eine „Bestrafung“ Daniils. Er wurde bereits ohne jegliche Beweise als „Saboteur“ und „potenzieller russischer Spion“ gebrandmarkt,“ heißt es in einem Newsletter. So werde „das Klima von aufhetzenden Mediennarrativen und radikalen rechtsextremen Nationalisten vergiftet, die den Fall Daniil als Gelegenheit begreifen, sich „an allen Russen insgesamt für vergangene Kränkungen zu rächen“.“

Ob sich Mukhametov noch in Finnland befindet oder bereits nach Litauen abgeschoben wurde, ist derzeit unklar. Die Beschwerde, die er vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gegen die geplante Abschiebung nach Litauen eingelegt hatte, wurde Ende September in erster Instanz abgewiesen. „Unser Haus“ beobachtete, dass die zuständige Richterin regelmäßig Anträge von Kriegsdienstverweigerern ablehne. Ob das Gerichtsverfahren fortgesetzt werden kann, ist derzeit unklar. Mukhametov kann die Prozesskosten nicht finanzieren und ist auf Spenden angewiesen. „Unser Haus“ ruft dazu auf, Mukhametov und weitere Betroffene, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, mit Spenden und medialer Aufmerksamkeit zu unterstützen.

In Litauen drohte ihm wegen das Verlassen des Zuges zunächst nur eine Geldstrafe. Doch mittlerweile leiteten die dortigen Behörden gegen ihn ein Strafverfahren wegen illegaler Grenzüberschreitung ein, die mit bis zu zweijähriger Haft bestraft werden kann. Ein solcher Prozess würde mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Abschiebung Mukhametovs nach Russland enden, wo ihm ebenfalls die Verhaftung und zudem Misshandlung drohen.

Olga Karach, die Leiterin von „Unser Haus“, findet es auffällig, dass Finnland, Litauen und Russland – trotz ihrer offenen geopolitischen Feindschaft – darin übereinstimmen, einen jungen Mann zurückzuschicken, dessen einziges „Vergehen“ darin besteht, den Militärdienst zu verweigern,“ und: „Staaten, die sich gegenseitig als feindlich und sogar als Gegner betrachten, scheinen sich gerade in der Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern zu vereinen. Sie kooperieren problemlos, um junge Männer in die Armee und an die Front zu zwingen – oder zumindest in den Militärdienst. Es wirkt, als seien sie nur dann bereit zur Zusammenarbeit, wenn es darum geht, jeden Mann aufzuhalten und zu bestrafen, der sich weigert zu kämpfen. Das ist unbegreiflich und zutiefst verstörend.“

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