Sa. Nov 23rd, 2024

In Berdiansk eine kleine Pension gefunden. Die Stadt ist völlig unbeschädigt. Es war nur am regnen und kalt wie im tiefsten Norden.

Beim schreiben…

Abends trotz Kälte und Nässe noch mal ins Zentrum spazieren gegangen, auffällig im ganzen neuen Russland, das es keine einfachen Arbeiterkneipen oder billigen Restaurants gibt.

Also in ein kleines Restaurant gegangen wo es Bier in mit Blech geschlossenen Einmachgläsern gab, konnte den Verschluss nicht finden und kam mit einer jungen Frau ins Gespräch die mir behilflich war. Sie kam aus Luhansk, war 19 Jahre alt und hat seit dem 14 Lebensjahr nur den Krieg als „normale“ Wirklichkeit erlebt.
Die Entwicklung in Luhansk unter den Russen isThe Boat: „U-612“ Ptt deutlich verbessert worden, ein Park gebaut, Straßen gemacht, Gebäude renoviert, unter der Ukraine verfiel alles immer mehr (was ich dann bei der Rückreise in Luhansk auch bestätigt fand).
Was den Krieg betrifft ist sie neutral, beide Seiten haben Schuld, sie will einfach nach den vielen Kriegsjahren Frieden.
Sie hat autodidaktisch sich Englisch so gut angeeignet das sie als Übersetzerin arbeitet, allerdings nicht offiziell da sie keinen Uni Abschluss hat und somit auch nicht viel verdient. Auf meine Frage ob sie nicht nach Westeuropa flüchten möchte meinte sie, das sie keinen ukrainischen Pass hat, zu Beginn des Konfliktes war sie noch zu jung und jetzt gibt es keine Möglichkeit so einen zu bekommen.

Produkte

Auf dem Rückweg noch in einem kleinen Laden geschaut um eine Flasche russischen Wein zu kaufen, sah nichts, fragte nach einem halbsüßen Weißwein, sie ging hinten ins Lager und kam mit einer Flasche spanischen Weißwein zurück.
Wie viel soll der kosten, fragte ich, 1200 Rubel, gibt es den keinen russischen Weisswein (der kostet so zwischen 4 bis 6 Eur) nein den hätten sie nicht. Dann vergesst es …
In einem neu gebauten modernen Lebensmittelgeschäft was ein wenig dünn bestückt schien, gab es zahlreiche Westprodukte besonders Süßigkeiten, Kinderschokolade, Milka, Schogetten, Rittersportschokolade mit deutscher Beschriftung, ob Nachbau oder echt, schwer zu ermitteln.

The Boat: „U-612“ Pt

Diesel im besetzten Gebiet ca. 10 Rubel teurer als im Kernland.

Das Aus- und Eingrenzen von Menschen, sortieren, katalogisieren, zu Befehlsempfängern, Robotern machen, es funktioniert hervorragend. Alle wollen in ihrer kleinen Gewohnheit verbleiben, egal was um sie herum vorgeht.
Die Menschen leben irgendwie auch hier vor sich hin, fragen wenig, passen sich der Situation an. Ein Wille einer größeren Bevölkerung zu irgendetwas ist kaum zu verspüren, ausser, lasst es Frieden werden. Doch Frieden ist weder im kapitalistischen System gewinnbringend, noch im verblichenen Sozialismus der Bekehrung aller entsprechend.
Kampf ums Dasein so sagte Darwin, wir Menschen kämpfen nicht ums Dasein sondern für immer mehr, die Gier schafft Monopole, Kriege, Vertreibung und politische Oligarchie. Demokratie ein Auslaufmodell da sie nicht praktiziert wird, sondern nur alle paar Jahre symbolisch in einem Kreuzworträtsel angekreuzt werden darf.

9. Okt.
Am nächsten Morgen dann weiter, immer wieder findet man Werbetafeln für den Eintritt in den Soldatendienst und für den russischen Pass, daneben auch sogar Windräder, vermutlich noch aus ukrainischer Zeit, nur wenige davon drehten sich.

In Melitopol wollte ich die Universität besuchen insbesondere die philosophische Fakultät, am Eingang sagte man mir dass diese sich außerhalb des Hauptgebäudes befindet, sie wollten mir auf der Karte zeigen wo das ist, aber fanden mit vier Leuten nicht die Strasse auf meinem Tablet, da die meisten umbenannt wurden, sie schrieben mir die Strasse auf auf einen Zettel in Russisch und lateinisch, ich habe mehrere Leute auf der Straße gefragt, die wussten auch nicht weiter.

In einem kleinen Cafe die Backwaren besichtigt und etwas ausgewählt, die Preisen waren nicht besonders billig ein Stück kostete umgerechnet 1 EUR.


Dann das KPD Parteibüro in der Stadt per Zufall gefunden, es besucht und eine interessante Unterhaltung geführt, dort hing auch natürlich Stalin neben Lenin, und ich sagte Stalin wäre ein Verbrecher, er hat unzählige Menschen getötet und nach Sibirien deportiert, unter anderem auch die Wolgadeutschen. Da gaben sie zu das war nicht richtig, ein grosser Fehler, denn zum einen haben die Deutschen in Russland gewaltige Aufbauarbeit geleistet, und zum anderen sich immer loyal verhalten, insbesondere die Wolgadeutschen haben ein System gegenseitiger Hilfe praktisiert, was dem Kommunismus ähnlich gewesen wäre. Aber ansonsten wäre Stalin ein guter Mann für Russland gewesen, seine Biographie und die Geschichte würde nur verfälscht dargestellt.

Der Markt in der Stadt sehr leer, die Leute meinten wegen Montag, ich hab da meine Zweifel.

Im Zentrum nur wenig alte Häuser, nur eines gefunden, was durchaus auch etwas Griechisches an sich hatte:

Bei einer Bank in Melitopol wollten wir Geld wechseln, Martin legte 250 € hin und die Kassiererin betrachtete sich die Geldscheine, untersuchte sie ausgiebig und gab alle fünf wieder zurück und meinte davon wäre keiner in Ordnung, also zog Martin andere 50 € Scheine raus und legte sie hin, einen davon akzeptierte sie. Er meinte dann zu ihr ob er in Deutschland nur Falschgeld aus dem Automaten bekommen hätte, und vielleicht es gleich hier verbrennen solle. Ich guckte Martin an und sagte, dann schmeiss doch das ganze Geld gleich in die Schalterschublade, dann soll sie sich das raussuchen was sie gebrauchen kann. so macht der Martin das auch und bekam dann 250 Euro gewechselt .
Ich versuchte es auch mit drei 50 € Scheinen, einer davon wurde akzeptiert. Martin meinte das wird ja dann schwierig mit dem Geld wechseln demnächst, ich sagte das es nur hier in Melitopol bei der bekloppten Tante in der Bank es so wäre, woanders wäre das sicher kein Problem. Später auf der Krim hat sich zeigt das ich Recht hatte.

Weiter Richtung Krim nach Henitschesk, Unmengen von Material rollen 24 Stunden aufs Festland zur Verteidigung oder auch zum weiteren Vormarsch.

siehe dazu auch mein Video:

https://youtu.be/WeYJI7dL9Z8

Dann an eine lange Grenzkontrolle hinter der alten ukrainisch – russischen Grenze geraten.

Zweieinhalb Stunden vom russischen Geheimdienst verhört, erkennungsdienstlich behandelt, Fingerabdrücke, Fotos von vorne von der Seite, aber auch mit meinem Humor, biographische Fragen, ich meinte, dann sollten wir ein paar Drinks nehmen, das wird ne lange Geschichte, nach Ausbildung, Militärdienst befragt. Interessanterweise hat keiner gefragt was ich im Frühsommer desselben Jahres in der Ukraine gemacht habe, der Einreise- und Ausreisestempel war deutlich in meinem Pass zu sehen, welchen sie ausgiebig durchgeblättert haben. Dann fragte er mich, was ich denn in Neurussland wolle, ich hätte ja auch über die Krimbrücke fahren können, ich antworte ihm ganz ehrlich, ich wollte mal mit meinen Augen und Ohren, neben aller Propaganda, die Situation in Neurussland verstehen. Vorher das Auto detailliert durchsucht, dann später mein Telefon zeigen müssen, ja, hatte ja die kleine Handygurke dabei, da gab’s nix zu sehen, das Tablet haben sie nicht gepeilt, er kam aus Saratov, über Wolgadeutsche geplaudert, wie oft ich in Russland war …
Ebenso Janatul befragt und erkennungsdienstlich behandelt.
Nur Martin nicht, da er einen russischen Pass hatte.
Danach an der Hauptstraße eine kleine Ferienwohnung für 2000 Rubel gemietet und dort zu Abend gegessen, zu dritt ca. 20 EUR zusammen.

10. Okt.
Immer weitere Militärtransporte, mitunter auch ein defekter Panzer auf Tieflader zurück. Ein grosser Hubschrauberlandeplatz und Militäranlage bei Dschankoj. Die Kanäle sind teils gut gefüllt mit Wasser, aber die Landschaft sieht bis auf ein paar Weinplantagen braun und staubtrocken , wie eine Wüste aus.

Auch auf der Krim zu 90 % hervorragende neue Strassen, eine Autobahn wurde neu gebaut.


Am Haff Kamjanske kein weiterkommen, wo ich 2011 noch 20 km in Niemandsland fahren konnte.

Dort wurde ein Riesenhotel neu gebaut, Tourismus?

Daneben strategisches militärisches Sperrgebiet. Davor schon sieht man die ausgehoben Schützengräben, daneben teils die alten Reste der Wehrmachtgräben.

Ob Russland sich der besetzten Gebiete doch nicht so sicher ist, wenn sie gegenüber der besetzten Küstenlinie Mariupol – Melitopol nochmal gross angelegte Abwehrmassnahmen aufbauen?

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